W ölfflins Argumente.
DD“ Beobachtungen und Eindrücke, die nach Wölfflins Ansicht den
Glauben an Dürers Autorschaft erschüttern müssen, sind selbst-
verständlich richtig; über ihren absoluten Wert wird noch später
zu sprechen sein. Aber ihre Auslegung und ihre Verbindung scheinen
mir durchweg anfechtbar. Das erklärt sich vielleicht aus einem un-
geeigneten Standpunkt der frühen Dürerschen Kunst gegenüber, viel-
leicht auch. aus einer künstlerischen Verstimmung gegen dies Werk,
die schon übermächtig war, ehe die genaue Untersuchung begann.
Wölfflins Vorwürfe lassen sich, zur übersichtlichen Besprechung,
in zwei Gruppen sondern: die eine richtet sich gegen den Stil, als
welcher nicht zur Zeit der Entstehung passe, daher man die »Echt-
heit« bezweifeln müsse. Die zweite richtet sich gegen die Höhe
der Künstlerschaft, gegen die Feinheit, Gewissenhaftigkeit, kurz, um
es mit einem vielgebrauchten, schwer zu entbehrenden, wenn auch
etwas börsenmäßigen Wort zu bezeichnen, gegen die Qualität des
Werkes; als welche so gering und so wenig dürerisch sei, daß man
die »Echtheit« bezweifeln müsse.
1. Stil und Datum.
Der Altar ist heute weder bezeichnet noch datiert.*) Aber
*) Das ist durchaus nicht auffallend. Das Monogramm ist zunächst eine Schutz-
marke, daher wird es den graphischen Werken aufgeprägt, die ja dem Nachdruck
ausgesetzt waren. Bei Gemälden dagegen, die damals unmittelbar in Besitz des Be-
stellers überzugehen pflegten (tempi passatil), war die Schutzmarke unnötig, und des-
halb. auch nicht üblich. Erst mit dem wachsenden Künstlerstolz kommt Dürer dazu,
auch ‚seine Gemälde zu bezeichnen, und zwar mit stets zunehmender Umständlichkeit ;
italienische Einflüsse wirken dabei mit, wie ich in anderem Zusammenhang dargelegt
habe, Repert. f. Kunstwiss. 1898, S. 370 ff.