Full text: Dürers Dresdener Altar

trotzdem, wie es so in der Dürerforschung geht: man hat den Altar 
einmal, vor 20 Jahren, auf 1496 datiert, und das schleppt sich nun 
fort; man liest es in so vielen Handbüchern, daß man gar nicht 
daran zweifelt, Neuerdings mußte man sogar glauben, das Datum 
sei urkundlich erwiesen.*) 
Trotzdem wir in Wahrheit das Werk datieren können, wie es 
uns nötig scheint, setzt Wölfflin als Zeit der Entstehung »1495 bis 
1498 (oder 1500)« ohne weiteres voraus. »KEin späteres Datum 
kann nicht in Betracht kommen, ist auch nie angenommen worden.« 
Aber es müßte doch erst bewiesen werden, daß es nicht in Betracht 
kommen kann; denn nun versucht er zu zeigen, daß für jene frühe 
Zeit das Können des Malers zu entwickelt sei. Das scheint mir 
nicht richtig. Wenn die Eigenschaften des Triptychons auf eine 
spätere Entstehungszeit weisen, dann müssen wir es eben anders 
datieren anstatt es für »unecht« zu erklären. 
Stichhaltig ist in dieser Gruppe der Wölfflinschen Beobach- 
*) In dem umfangreichen Buch von Bruck, Friedrich der Weise als Förderer der 
Kunst, 1903, in dem eine Menge wertvollen urkundlichen Materials mitgeteilt ist, 
wird uns der Eindruck gegeben, als sei urkundlich erwiesen, daß der Altar 1496 von 
Dürer gemalt sei. Da mir die übliche Datierung des Triptychons stets bedenklich 
vorgekommen ist, und da ich im Anhang des Buches (S. 289) nur eine bereits bekannte 
problematische Urkunde fand, aber durchaus nichts, was die bestimmten und ausführ- 
lichen Behauptungen des Textes (S. 146 und S. ı 56/7, 159) erklärte, so schrieb ich damals 
an Bruck, ob er außer den publizierten noch andere Urkunden kenne, erhielt aber die 
Antwort, es handle sich um eine nur auf Wahrscheinlichkeit ruhende Identifikation, 
Hoch ist hier die Philologie zu preisen, die ihren Jüngern zur Pflicht macht, zeitlebens 
streng zu scheiden zwischen Tatsache, Wahrscheinlichkeit' und Möglichkeit. Bode hat 
jene Urkunde schon 1884 mitgeteilt und dieselbe Identifizierung vorgeschlagen, doch 
deutlich als Hypothese (Jahrbuch der königlich preußischen Kunstsammlungen, V, 
S. 62). Es ist nämlich nicht von Dürer die Rede, sondern nur von einem Maler von 
Nürnberg, außerdem erscheint der Preis recht hoch, und das Bild wird fälschlich als 
Tafel bezeichnet. Wölfflin hält deshalb die Identifizierung für sicher falsch; das geht jedoch 
meines Erachtens zu weit, die Möglichkeit dürfte nicht zu leugnen sein. Der Ausdruck 
»Tafel« war damals sehr geläufig und der Schreiber der Urkunde kannte das Bild 
noch nicht. (Außerdem war es früher in der Tat eine Art Tafel: wie ein Zettel meldet, 
den ich auf der Rückseite aufgeklebt fand, wurde das Leinwandbild im Jahr 1840 
von Holz abgelöst, auf dem es aufgeklebt war. Immerhin möchte dies Aufkleben auf 
Holz erst später geschehen sein; Dürer hat doch wohl durch das Malen auf Leinwand 
die Gefahren des Holzes — Springen, Sichwerfen — vermeiden wollen.)
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.