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Rothenberg aufgelassen.
Die sonnigen Tage Rothenbergs waren gezählt. Ein
leiser Schauer, wie er dem Winter voranzugehen pflegt, zog
geheimnißvoll umher, hing sich an das sonst harmlose
Geplauder der Festungsbewohner, ballte sich in den Ecken
und Winkeln der Bastionen, schlich die ausgetretene Kasern—
treppe hinauf; geheimnißvolle Thätigkeit herrschte auch im
Rapportzimmer; Quartiermeister und Auditeur kramten in
der Registratur, und der Kommandant beeilte sich, mit den
Ausgrabungen der Hügel in den umliegenden Waldparzellen
fertig zu werden. Wiederholt fanden Revisionen der Gewehr—
und Geschützbestände statt, kurz, etwas Unheimliches lag in
der Luft und bewegte die Gemüther.
Eines Tages fuhr eine Kalesche mit berittener Artillerie—
ordonnanz durch's Thor, und mit militärischen Ehren wurde
der greise Artilleriegeneral v. Beckers empfangen, der nach
kurzer soldatischer Begrüßung sich mit den Offizieren in
den Meldesaal zurückzog. Berichterstatter, als unbewachtes
Bürschlein im Winkel hockend, war Zeuge des Todesurtheils,
welches der braven, allerdings etwas veralteten Rothenberger
Veste zu sprechen begonnen wurde.
„Nach schon lange gepflogenen sorgfältigen Erhebungen
und Erwägungen (sprach der alte Hervy) stellte es sich immer
mehr heraus, daß die strategische Bedeutung der Festung
schon früher in bedenklicher Verschiebung begriffen war, und
jetzt in noch erhöhtem Maße; es ließe sich nicht verhehlen,
daß manche Mauertheile, namentlich in den Substruktionen
der Kasematten, der Futterwände, kostspieliger Ausbesserungen
bedürften,“ — dann kam eine lange, achtungsvolle, dem
lauschenden Jungen unverständliche Diskussion, die Herren
bedienten sich einiger Gläser Wein, und mein Papa benützte
die Pause, mich eigenhändig am Ohr aus meinem Winkel
zu ziehen, wo er mich wohl schon längst beobachtet hatte,
und raubte mir dadurch die Gelegenheit und Muße, das
Endergebniß der bedeutungsvollen Berathung mit anzuhören.
Wenige Wochen dauerte es, da wurden deren Folgen auch