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ein jeder Billigdenkende Charitas und die wider ihren Willen dem
Klosterfrieden entrissenen Nonnen *) beklagen. Allein, um gerecht zu
sein, wird man gut thun, sich daran zu erinnern, daß in derselben
Zeit in Ober⸗- und Niederdeutschland evangelische Prediger verbrannt,
verstümmelt oder in der scheußlichsten Weise zu Tode mißhandelt wur—
den, von den zahlreichen Opfern, die die Ketzergerichte der Inquisition
in welschen Landen forderten, gar nicht zu reden. In der Folgezeit ging
es den Klarissinnen besser, namentlich durch den Einfluß des milden, ver—
söhnlichen Melanchthon, der im Spätherbst 1525 nach Nürnberg kam.
Er tadelte die Gewalt, die man gegen die Nonnen gebraucht hatte und
wußte schließlich auch den Pfleger Kaspar Nützel zu seiner Ansicht zu
bekehren, daß Charitas und ihre Schwestern, wenn sie nur ihre Zu—
versicht nicht auf die Werke, sondern auf die Gnade Gottes setzten,
im Kloster ebensowohl selig werden könnten, als sonst in der Welt.
Doch fehlte es auch späterhin nicht an allerlei Quälereien seitens des
Rats, abgesehen davon, daß die Nonnen auch materiell durch das
Ausbleiben von Zinsen, die Heranziehung zum städtischen Ungeld
u. s. w. sehr in Not gerieten. Auch litten sie natürlich fortgesetzt
darunter, daß sie durch Versagung der ihnen genehmen Prediger nicht
des rechten geistlichen Trostes teilhaftig wurden. Charitas starb am 19. Au—
gust 1332, im Alter von 66 Jahren. Ihre Schwester Klara wurde ihre
Nachfolgerin, verschied jedoch bereits nach wenigen Monaten (5. Fe—
bruar 1533), worauf Pirkheimers Tochter Katharina bis zu ihrem
Tode (1563) das jetzt nicht sorgenlose Amt einer Äbtissin verwaltete.
Die letzte Äbtissin war Ursula Mufflin, nach deren Tode (1590) das
Klarakloster völlig in die Hände des Rats überging.**) Einige Jahre
später folgte das Katharinenkloster (18096). Man hatte hier wie dort
die Nonnen allmählich aussterben lassse.
Zu den eingezogenen Klostergütern kamen die reichen Neträge der
geistlichen Stiftungen, die zu Seelmessen, Jahrestägen und ähnlichen reli—
giösen Zwecken bestimmt gewesen waren. Der Rat hatte lange geschwankt,
wie er dieselben verwenden sollte und ob sie etwa den Stiftern oder deren
Nachkommen zurückzugeben seien. Melanchthon, der deswegen um Rat
gefragt wurde, meinte daß diese Gelder dem Gottesdienste erhalten bleiben
müßten. Forts. folgt.)
*) Die sich übrigens nachmals alle, Katharina Ebner sogar zweimal, verheirateten.
»e) Doch starb die letzte Nonne eine Pillenreutherin (vgl. S. 819), erst 1586.
Die Klarakirche, früher zu allerhand profanen Zwecken, zuletzt sogar als Kaserne
benützt, wurde im Jahre 1854 der katholischen Kirchengemeinde in Nürnberg als
zweite Kirche überwiesen. Vgl. für das Vorstehende namentlich Binder, J., Charitas
— 2. Auflage. Freiburg, 1878 und Der hochberühmten Charitas Pirkheimer
Denkwürdigkeiten, herausgegeben von Dr. C. Höfler, Bamberg 18852.