seinen Dialogen über alte Missbräuche und ncuere Uebelstände her-
fiel, nicht ganz besonders für Aufnahme und Verbreitung der Lutheri-
schen Sprache von Kinfluss gewesen sein? Besafs doch der fleifsige
Schuster, dessen grofse Belesenheit fast nicht minder als seine aufser-
ordentliche Fruchtbarkeit unser Krstaunen erregt, *) in seiner klei-
nen Bibliothek neben vielen Werken des Altertums in deutscher
Uchbertragung **) bereits im Jahre 1521 vierzig Schriften Luthers
und seiner Freunde, ***) die er mit Kifer studierte ; und sagt doch
dor erste Verleger der gesammelten Spruchgedichte von 1. S. Sprache,
c8 sel die, „darin bisher teutsch und deutlich genug, ja hell und
klar wie der licben Sonnen Schein die Wahrheit Gottes geleuchtet“
habe. —
Solche Erwägungen brachten Schreiber dieses zuerst auf den
Gedanken, zuzuschen, in wie weit sich cin Einfluss von Luthers
Sprache in HI, S. Werken nachweisen lasse, und damit zugleich einen
bescheidenen Beitrag zur Geschichte der Ausbreitung des Neuhoch-
deutschen zu liefern,
Dabei war nun zunächst zu bedenken, dass letzteres nicht so-
fort in vollendeter Gestalt der Feder des Meisters, wie Minerva dem
Haupte Juppiters, entsprang, sondern dass in den einzelnen Theilen
und Ausgaben der heil, Schrift, wie sie seit 1522 sich folgten, (und
I, Bibelübersetzung war ja das wichtigste, reinste und zuverlässigste
Organ der Kinwirkung auch in sprachlicher Ilinsicht) von ihm sclhst
noch wohlbedachte Aenderungen und zahlreiche Besserungen von
Formen und Ausdrücken vorgenommen wurden; +) dass somit Art
und Grad jener Einwirkung bei den einzelnen Erzeugnissen je nach
der Zeit der Abfassung oder der wiederholten Herausgabe verschie-
den sein kann oder muss, Mithin war zuerst erforderlich die KEin-
sicht der in Zwickau und anderen sächsischen Städten aufbewahrten
*) K. Qödeke, Kinleitung zu Dichtungen von H, S, I Th, p. XXI f£, in
der Ausgabo der Doutsch, Dichter dos XVL. Jahrh, IV, Band.
**) J. 'Tittmann, Kinloitung z. IN. Thoil gon, Sammlung p. VL
v4) J, Tittmann, Kinl. z. 11. Th, gen, Sanıml, p. XIX, — Luthers Schriften
hatten bis zum Ende des Juhros 1521 die Zahl 46 orreicht; vd. Kin-
Joitung zu Dietz’ Wörterb. zu Luthors Schriften,
kb) Of, G, W. Mopf, Würdigung der Luthorschen Bibelvordeutsch, p. 100 ff.,
280 IL.