Volltext: Verwaltungsbericht der Stadt Nürnberg für das Jahr 1924/25 (1. April 1924 bis 31. März 1925) (1924/25 (1925))

Besondere Fürsorge und Wohlfahrtspflege. 
bathen und sonstige Schwererziehbare machten viel zu schaffen. In nicht weniger als 170 Fällen 
mußten Gutachten des Psychiaters eingeholt werden. 
Fürsorgeerziehung. Die unnatürlich hohe Zahl der Neuanordnungen der Fürsorge— 
erziehung des Vorjahres (267) ist im Berichtsjahr auf 175 zurückgegangen. Die Gesamtzahl 
der Fürfsorge-Zöglinge hat sich so gaut wie nicht geändert, sie betrug 1027 gegen 1029 im 
Voriahr. 
Die Lage der Fürsorgeerziehungsanstalten, die im Vorjahr bei manchen Anstalten 
derart war, daß sie Ende 1923 vor dem unmittelbaren Zusammenbruch standen, hat sich durch 
die Markstabilisierung wesentlich gebessert. Dies bedeutete auch für die Arbeit der Fürsorge⸗ 
erziehung eine wesentliche Erleichterung. Die Beschaffung von Arbeitsstellen und Meister⸗ 
lehren war ebenfalls leichter. Auch der wirtschaftlichen Einzelfürsorge für die in Lehr— und 
Dienststellen befindlichen Zöglinge — Beschaffung von Kleidern, Unterstützung der Lehr— 
meister usw. — die im Vorjahr sehr schwierig geworden war, konnte wieder die entsprechende 
Aufmerksamkeit zugewendet werden. Insbesondere war es nun wieder möglich, die Schütz— 
linge in Lehr- und Dienststellen durch Beamte der Erziehungsbehörde besuchen zu lassen, was 
für den Erfolg der Arbeit eine wesentliche Unterstützung bedeutete. 
Unter den Neuzugängen waren 106 männlichen, 69 weiblichen Geschlechts; 104 evan— 
gelischer, 68 katholischer Konfession, 3 religionslos; 153 waren ehelicher, 22 unehelicher 
Heburt. Etwas weniger als die Hälfte standen im vorschulpflichtigen und volksschulpflich— 
tigen Alter. Während der Anteil der Mödchen insgesamt knapp 40 Prozent betrug, so 
belief er sich bei den aus der Schulpflicht Entlassenen auf 54 Prozent. Der Grund hierfür 
lag vor allem darin, daß in diesem Alter gerade bei Mädchen die sexuelle Verwahrlosung eine 
starke Rolle spielt. Von den Neuzugängen mußten 20 Prozent zum Hilfsschülertypus, 
10 Prozent zu den ausgesprochen schweren Psychopathen gerechnet werden. 
Eine Untersuchung der Frage: Welche Rolle spielt die Familie als Gefährdungs- bzw. 
Verwahrlosungsursache? hatte folgendes Ergebnis: 
Nur 40 Prozent der Neuzugänge stammten aus der vollständigen Normalfamilie, aber 
nur bei U der Normalfamilie scheidet die Familie als Verwahrlosungsgrund aus. Bei 534 aller 
Normalfamilien trugen die Eltern unmittelbar einen Hauptanteil der Schuld, und zwar teils 
zurch Unfähigkeit der Erziehung, teils durch eigenen sittlichen Mangel. 
Unter den 60 Prozent der Neuzugänge, die aus der unvollständigen Familie stammen, 
befanden sich nur 6 Fälle, in denen kein ursächlicher Zusammenhang zwischen Familie und 
Anordnung der Fürsorgeerziehung vorhanden war. 
Besonders ungünstig wirkte bei den ehelichen Kindern die Stiefvater- und die Stief— 
mutterfamilie, ebenso der Verlust beider Eltern, sodann die Disharmonie in der Ehe, sei es 
daß sie zur gerichtlichen Scheidung oder nur zur freiwilligen Trennung führte. Bei den un— 
ehelichen Kindern wirkte besonders unqünstig die Kindsmutter, die nicht zur Verehe— 
lichung kam. 
Der Frage der Berufsausbildung der Schützlinge wurde besondere Aufmerksamkeit 
zugewendet. Die weiblichen Fürsorgezöglinge genossen in den Anstalten durchweg eine 
sehr gute Ausbildung in der gesamten Hauswirtschaft, sowie, je nach Talent und Wunsch, eine 
Sonderausbildung in Weißnähen, Kleidernähen, Bügeln und Sticken. In einzelnen Fällen 
wurde auch eine regelrechte Berufsausbildung in gelernten Berufen vermittelt. 
Unter den 254 männlichen volksschulentlassenen Zöglingen waren 170 — 38 der 
Hesamtzahl in gewerblichen Berufen untergebracht, während die Zahl der in der Landwirt— 
schaft Beschäftigten und der Ungelernten nur 15 betrug. Wenn man bedenkt, daß sich unter 
182
	        
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