Besondere Fürsorge und Wohlfahrispflege.
Städtisches Schulkinderheim. Zur Hebung des körperlichen Wohl.
befindens der Kinder trug der sechswöchentliche wiederum in Hüttenbach verbrachte
Ferienaufenthalt nicht unwesentlich bei. Auf Turnen nach schwedischer Methode
wurde viel Wert gelegt. Die Anschaffung von Turnkeulen, Schleuderball, Rund·
lauf und Ringen gab die Möglichkeit, das gerätlose Turnen zu ergänzen. Zahlreiche
Sonntagsausflüge wurden unternommen. Auf die Geistespflege der Kinder wird weiterhin
— neben der Schule — durch Belehrungen, Führungen, gelegentlichen Besuch der Bilder—
bühne, Theaterspielen und Musikpflege viel Sorgfalt verwendet. Zum Betreiben von
Instrumentalmusik wurden in liebenswürdiger Weise als Grundstock 2 Mandolinen gestiftet.
Ein alter deutsch-englischer Freund aus London erfreute die Kinder durch Ueberweisung einer
Weihnachtsspende von 10 4. Der Betrag wurde zum Einkauf von selbstgewünschten Gegen⸗
ständen für die Heimkinder und für Lebensmittel verwendet. Es wurde versucht, die Kinder, um
der Gefahr engherziger, weltfremder Anstaltserziehung vorzubeugen, durch selbständiges Be—
sorgenlassen von allerlei Waren und Aufträgen in Fühlung mit der Umwelt zu bringen.
Der einjährige, erfolgreich abgehaltene Haushaltungskursus wurde von 4Schülerinnen be—
ucht. Die Belegung belief sich zu Beginn des Berichtsjahres auf 48, am Schlusse auf 533 Kinder.
Im städtischen Knabenheim war für die pädagogische Arbeit in allem als
Leitmotiv „selbsttätige Erziehung zur Gemeinschaft“ maßgebend. Relativ leicht ist Gemein—
chaftsbewußtsein zu schaffen und zu halten bei Dauererziehung, wie z. B. in der Lehrlings—
Wteilung. Aber doppelt schwer ist dies in einer Aufnahme- und Beobachtungsabteilung mit
hrem dauernd wechselnden Material, das sich in etwa 6 Wochen vollkommen erneuert. Genau
500 Jungen wurden im vergangenen Geschäftsjahr von der Aufnahmeabteilunq verzeichnet,
d. h etwa täglich 2 Zu⸗ und Abgänge.
Die Jungen wurden vor allem im Garten beschäftigt. Mit Hausarbeit wurden sie mehr
als in den Vorjahren verschont. In Schusterei und Schneiderei waren dauernd je 2 bis 3
Lehrlinge beschäftigt.
Neben der Arbeitserziehung spielt für den Großstadtjungen die Erziehung zur rechten
Ausnützung der Freizeit eine sehr große Rolle. Daher wurde ihr besondere Aufmerksamkeit
zugewandt. Sport in Gestalt von Fußball, Faustball und Leichtathletik wurde fast übereifrig
getrieben. Ganz besondere Sorge und Pflege aber wurde der Erziehung zu rechtem Wandern
und Naturgenießen zugewandt. Zuerst ging es unter Führung von Erziehern und dann in
kleineren und größeren Gruppen allein. Dank des Verständnisses und Entgegenkommens der
meisten in Frage kommenden Meister war es möglich, den Urlaub der Jungen der Lehrlings—
abteilung auf die gleiche Zeit zu legen und so eine mehrtägige Wanderung durchzuführen.
Etwas in den Hintergrund traten Vortrags- und Theaterabende. Um so eifriger aber
wurde gesungen. Eifrig besucht wurden Volkshochschule, Bilderbühne und Museen.
Der Kampf gegen die Zßigarette wurde weiter geführt, vor allem aus erzieherischen
Gründen als Willensübung zur Selbstbeherrschung.
Die durchschnittliche Belegzahl war 82, also 2 über die vorgesehene Höchstbelegzahl. Oft
waren es sogar über 90.
Rund 300 waren Fürsorgezoglinge, rund 200 Jugendschutzfälle. Es befanden sich
darunter 20 Mündel der Berufsvormundschaft.
Bereits in Anstalten waren 160—170 gewesen, darunter 30 Ausreißer aus anderen
Anstalten.
Die häuslichen Verhältnisse, soweit feststellbar, waren folgende: Uneheliche rund 60
Vollwaisen rund 60, Stiefvater rund 60, Stiefmutter rund 80 und Eltern geschieden rund 25.
Die Zahl der Unehelichen erhöht sich durch die Vorehelichen, die der Kinder, deren Eltern
geschieden waren, durch die getrennt lebenden Eltern.