27
an unseren Meister heran, Wandbilder in größerem Maße zu schaffen.
Der Rath von Nürnberg hatte zu dem im Jahre 1522 abzuhaltenden
Reichstage eine Erneuerung und Bemalung des Rathhauses angeordnet.
Dürer erhielt den Auftrag, die Entwürfe zu liefern, welche er theilweise
nach Pirkheimer's Angaben machte. Die sogenannte „Calumnia“ oder
„Verleumdung,“ eine Allegorie auf ungerechte Richter, wie sie, nach
einem Berichte Lucian's, von Apelles gemalt worden — war das eine
der Bilder. Es konnte, der Natur der Sache nach, nur eine frostige
Allegorie werden, um so mehr, als gerade Dürer nicht der Mann war,
sich für derlei „antikisch“ Wesen zu erwärmen. Auch das „Urtheil
des Midas,“ was sich unter diesen Darstellungen fand, fällt in dieselbe
Kategorie. Außerdem wurde der Triumphwagen Marximilian's, als
großes Oelbild, ebenfalls für das Rathhaus ausgeführt. Was noch von
diesen Arbeiten vorhanden, ist im 17. Jahrhundert dergestalt übermalt
worden, daß von Dürer's Hand nichts mehr zu spüren ist, vielmehr er—
scheint nach Allem die Annahme gerechtfertigt, daß Dürer nur den Ent—
wurf, die sogenannte „Visirung“ dazu geliefert, mit der Ausführung
hingegen gar nichts zu thun hatte. Auch die Bezahlung von nur 100 fl.
scheint für diese Annahme zu sprechen. Das beste aller der Bilder mag
eine humoristische Darstellung der Nürnberger Stadtmusikan—
ten gewesen sein, die mit einer Art von decorativer Täuschung, wie auf
einem Chor oder Balcon in voller Thätigkeit, von Georg Pencz, dem
talentvollsten Schüler Dürer's, meisterhaft ausgeführt waren.
Am 12. Januar 1519 starb der alte Kaiser Max und mit ihm ver—
lor Dürer zu gleicher Zeit noch seinen alten Meister Wohlgemuth, dem
er von jeher die kindlichste Pietät bewahrt hatte. Bald war der neue
Kaiser, der unbärtige spanische Jüngling, Karl V. gewählt, aber erst im
Jahre 1520 konnte er sein kaum beruhigtes Erbland verlassen, um sich
in Aachen krönen zu lassen.
Die Bestätigung alter Privilegien, welche Kaiser Max unserem Dürer
zwar verliehen, von denen er aber kaum irgend einen Nutzen gezogen
hatte, durch den neuen Kaiser, war der Hauptgrund einer Reise in die
Niederlande für unseren Meister. Zugleich mag wohl der Wunsch, einmal
noch aus den engen Lebensverhältnissen herauszutreten und die erfrischende
Luft der Fremde zu athmen, ehe die rüstige Manneskraft nachließ, einen
Beweggrund dazu abgegeben haben. Diesmal begleiteten ihn Frau Agnes