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lichkeit, die er hier in den reichen Cyklus seiner Gestaltungen aufgenommen
und womit er die Reihe der Erscheinungen vom idealsten Madonnengebilde
bis zum verkrüppelten, mißgeborenen Sterblichen in bisher ungeahnter
Energie abschließt. Das aber ist die höchste Anerkennung des urwüch—
sigen Geistes unseres Dürer, mehr als die unzähligen Beispiele gemeinen
Diebstahls, den ihm außer Marc Anton, welcher 4 Kupferstiche und 60
Holzschnitte ihm geradezu nachgeschnitten, sogar Andrea del Sarto,
Cosimo Tura, Ubaldini, Jacopo da Vontormo und so manche Andere
noch angethan haben.
Da ist es denn wohl nicht zu verwundern, wenn der alte Vasari,
dieser eingefleischte Italiener, doch nicht umhin kann, bezwungen von
Dürer's Größe auszurufen: „Wahrlich, wenn dieser seltene Geist in
Toskana geboren wäre und die Antike gesehen und studirt hätte, er wäre
der beste Maler unserer Lande geworden!“ (Vasari VII, Vita di Mare
Antonio, S. 185.) Man kann hinzusetzen, hätte er Beschützer gefunden,
wie Julius und Leo, jene kunstsinnigen Päpste, die den großen Geistern,
wie Michel Angelo und Raphael, die Wände ihrer Paläste und Kirchen
zu Riesentafeln für ihre unsterblichen Bilder boten, was würde aus ihm
geworden sein! Und nicht blos Päpste und Fürsten, fast alle Städte, ja
einzelne Edle und Bürger, wie der reiche Chigi, thaten dasselbe!
Armes Deutschland, arme deutsche Künstler! Wie schwer ward ihnen
der Aufschwung zum Ideal gemacht aus all' dem kleinbürgerlichen Elend,
und doch, was leisteten deutsche Geister!
Was hat dem guten Dürer die Freundschaft des römischen Kaisers
—Wr
gegangen, wie uns die schöne Zeichnung beweist, auf die er selber ge—
schrieben: „Das ist Kaiser Maximilian, den hab ich, Albrecht Dürer zu
augspurg hoch oben auf der Pfalz in seinem kleinen stüble konterfet, da
man zalt 1518 am Montag nach Johannis Tauffer.“
Allein das ganze Resultat dieser allerhöchsten Protection war die so—
genannte „Ehrenpforte“ und der „Triumphwagen,“ eine Ver—
herrlichung des Kaisers in Holzschnitt, nach den abgeschmackten Allegorien
des albernen Stabius, seines Hofpoeten. Ein Werk, was der hohe Be—
steller nicht einmal mit ein paar hundert lumpigen Gulden dem armen
Künstler bezahlen konnte, denn der Kaiser war selber nur ein armer
Mann gegen den allerheiligsten Vater, der mit dem Gelde der ganzen