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Christenheit seinen prachtvollen Tempel des heiligen Petrus baute. Aber
wenn er auch sammt seiner Klerisei herrlich und in Freuden lebte, wie
der reiche Mann im Evangelium, so war er doch, das muß man zugeben,
für Künste und Wissenschaften ein großmüthiger Zahler. Aber dem armen
Dürer gab der alte Kaiser vergebens eine Anweisung über die andere auf
seine gute Stadt Nürnberg, der hochweise Rath fand es für besser, nicht
zu zahlen, und als der alte Herr nun gar sein Haupt zur ewigen Ruhe
geneigt hatte, da sah sich auch der arme Schelm von Künstler genöthigt,
des Kaisers glorreichen Triumphwagen und die Ehrenpforte zu verwerthen,
wie er es eben mit all' seinen anderen Arbeiten auch machte. Die alte
Mutter oder der Lehrbub' oder gar die gestrenge Frau Meisterin saßen
in der Bude auf dem Nürnberger Markt und verkauften „Kunst,“ wie
Dürer in seinem Tagebuche sagt. Ermahnt er doch einmal sogar von
Venedig aus die Mutter, daß sie ja nicht vergesse, an allen großen Fest—
tagen feil zu halten, um des ärmlichen Verdienstes willen, den solch ein
Handel doch immerhin nur abwerfen konnte!
Immer wieder aber hoben ihn die Adlerschwingen des göttlichen
Genius über das Elend und alle die Kleinlichkeiten des Lebens empor in
die höchsten Regionen der Kunst. In dem köstlichen Stiche des heiligen
Hieronymus verklärte er das enge Stüblein, was ihn selber mit all'
seiner wunderbaren Gedankenwelt so heimlich und traut bürgerlich um—
gab. Man athmet die liebliche Sonntagsstille der friedlichen Zelle, die
den heiligen Gedankenfluß des emsig schreibenden Kirchenvaters mit keinem
ungeweihten Laut unterbricht. Warm scheint die liebe Sonne durch die
kleinen Fensterscheiben, vergoldet die Wände und umgiebt das väterliche
Haupt des alten Heiligen mit einer natürlichen Aureole. Schläfrig ruht
born auf der Diele der Gefährte des Alten, der mächtige Löwe, und da—
neben liegt furchtlos das Hündlein des Hausherrn. An der Wand hängt
die mächtige Sanduhr und daneben der prächtige Cardinalshut und an
der massiven Balkendecke schwebt ein gewaltiger Kürbis, der an die Traube
Josua und Kaleb's und an die Fruchtbarkeit des gelobten Landes erinnert.
Allerlei Hausrath steht und liegt umher. Weiche Kissen laden zum Sitzen
ein auf harten Bänken und darunter stehen am Fenster die Pantoffeln
des Heiligen; Alles, auch das kleinste, dürftigste Geräth, verklärt durch
den göttlichen Hauch der Kunst!
Im Jahre 1518 trat zum ersten und einzigen Male die Gelegenheit