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schon in Meisterlins älteren Arbeiten gezeigt hatte, ist
überall auf die in Augsburg, in Italien, im Elsass empfangenen
Anregungen zurückzuführen; Nürnberg hatte ihm nichts
Neues zu bieten, zumal der einzige damals an der Pegnitz
ansässige tiefer gebildete Humanist: Hermann Schedel,
alles was er zu geben hatte, Meisterlin schon dreissig Jahre
früher in Augsburg zugewandt hatte. Im Gegenteil dringen
jetzt Elemente in Meisterlins Arbeits- und Schreibweise
ein, die entschieden unhumanistischer Natur sind, und
gerade sie sind als bewusste oder unbewusste Konzessionen
an die Nürnberger Kultur zu betrachten. Hierher gehört
die Betonung des verfassungsgeschichtlichen Elements, das
offenbar Meisterlin in dem grossartigen politischen Leben
Nürnbergs schärfer in seiner Bedeutung zum Bewusstsein
kam als an den früheren Stätten seiner Wirksamkeit‘);
hierher alle möglichen tendenziösen Hinweise, die durchaus
im Sinne des Rats patrizisch gehalten sind”); hierher endlich
in der Darstellung eine gewisse Volkstümlichkeit, die sich
mit der Nachahmung antiker Muster zu etwas eigenartig
Neuem verbindet: rosenplütisch-folzische Töne klingen mit
sallustischen seltsam zusammen.*) Schliesslich aber zeigt
sich die noch nicht völlige Gewinnung der Behörde für
solches moderne Produkt schlagend darin, dass man für die
doch im offiziellen Auftrag verfasste Stadtchronik dem Ver-
fasser zunächst ganze sechs Gulden bewilligt*), und ferner
auch dadurch, dass weder die Sebaldusbiographie, die
Meisterlin echt frühhumanistisch als ein altes Werk ohne
seinen Namen in der Bibliothek auftauchen lassen wollte,
noch die Stadtchronik, die amtlich bestellte, zur Ver-
öffentlichung gelangt sind. Noch einmal schwebte dem
1) Vgl. Joachimsohn, Meisterlin S. 179; vgl, S. 148.
2) Ebenda S. 215.
3) Ebenda S. 217,
4) Ebenda S, 165,