Volltext: Verwaltungsbericht der Stadt Nürnberg für das Jahr 1926/27 (1. April 1926 bis 31. März 1927) (1926/27 (1927))

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Allgemeine wirtschaftliche und soziale Fürsorge 
gegen Wohnungsmangel und der Staatsministerien der Justiz und für Soziale Fürsorge vom glei— 
chen Tage über Mieterschutz und Mietzinsbildung (Staatsanzeiger Nr. 30, Gesetzesverordnungsblatt 
1926 Nr. 31) weitere erhebliche Lockerungen der Wohnungszwangswirtschaft. Hiedurch ergaben sich 
gegenüber dem bisherigen Rechtszustande im wesentlichen folgende Anderungen: 
Die Freigrenzen der sogenannten „hoch wertigen“ Wohnungen wur— 
den von 2400 0 auf 2000 M herabgesetzt. Solche sogenannten „hochwertigen“ Woh— 
nungen, deren Jahresfriedensmiete 2000 „M und mehr betrug, konnten innerhalb 2 Monaten, vom 
Tage des Freiwerdens an gerechnet, an Wohnungsuchende, die auf eine Familienwohnung vorge— 
merkt waren, eine Familienwohnung freimachten oder zur Verfügung stellten, an Kriegsvertriebene, 
sowie Beamte im Dienst und im Ruhestand frei vermietet werden. Auf diese „hochwertigen“ Woh— 
nungen fanden von der ersten Neuvermietung ab die Bestimmungen über Mieterschutz und Miet— 
zinsbildung keine Anwendung mehr. 
Neu wurde neben diesen „hochwertigen“ Wohnungen eine zweite Klasse, die sogenann-— 
ten „teuren“ Wohnungen, eingeführt. Hierunter fielen solche Wohnungen, deren Jahres- 
friedensmieten 1400 bis 2000 betrugen. Diese Wohnungen konnten, falls sie 
nach dem 31. Dezember 1926 frei wurden, an die für die Vermietung von „hochwertigen“ Wohnun⸗ 
gen in Betracht kommenden Personenkreise frei vermietet werden; ausgenommen von der freien 
Vermietung waren nur Beamtenwohnungen, über welche den zuständigen Behörden auch weiterhin 
ein Verfügungsrecht gemäß 8 37 Wohnungsmangelverordnung zustand. Die Bestimmungen über 
Mieterschutz und Mietzinsbildung blieben hinsichtlich der „teueren“ Wohnungen noch aufrecht er— 
halten. 
Die einschneidendste Anderung war jedoch die, daß für Mietverhältnisse über 
gewerblich oder geschäfthich benützte Räume mit einer Jahresfrie— 
densmiete über 1200 0 mit Wirkung ab 1. Juli 1927 Mieterschutz und 
gesetzliche Mietpreisbildung aufgehoben wurden. Bei Geschäftsräumen, die zu— 
sammen mit Wohnungen vermietet sind, wurde der Mieterschutz nur aufgehoben, wenn der gewerblich 
oder geschäftlich benützte Teil 1200 AM übersteigt. 
Auch hinsichtlich der Untermietverhältnisse trat eine Anderung ein. Während 
bisher das Reichsmieterschutzgesetz für alle Untermietverhältnisse und das Mieterschutzgesetz für die 
Untermietverhältnisse mit eigenem Haushalt gegolten hatte, gelten nunmehr diese Gesetze nur für die 
vor dem 31. August 1926 begründeten Untermietverhältnisse. Alle anderen Untermietverbältnisse sind 
von der Zwangsbewirtschaftung ausgenommen. 
Die Freigabe der gewerblichen Räume hatte zur Folge, daß Anträge auf Festsetzung der ge— 
setzlichen Miete bei hochwertigen Räumen naturgemäß nur in geringerem Umfang gestellt wurden. 
Dagegen wurde das Amt in zahlreichen Fällen angerufen, in denen der Mieter eine Friedensmiete 
von unter 1200 M als vorliegend erachtete, während er eine höhere vereinbarte Miete bezahlte. In 
einer Reihe von Fällen sind Klagen von Geschäftsleuten bekannt geworden, die durch Kündigung 
ihrer Räume behaupteten, existenzlos geworden zu sein. Im allgemeinen aber wurde die Lockerung 
der Zwangswirtschaft ohne besonderen Widerspruch hingenommen, wenn auch mitunter bedeutende 
Mietpreissteigerungen mit in Kauf genommen werden mußten. 
In der Berechnung der gesetzlichen Miete hatte sich bis Monat März keinerlei Anderung mehr 
ergeben. 
Auf Grund des 83 Absatz 1 Satz 1 des Gesetzes über den Geldentwertungsausgleich bei be— 
bauten Grundstücken in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. Juni 1926 (Reichsgesetzblatt 1J 
Seite 251) wurde unterm 11. März 1927 nach Zustimmung des Reichsrats verordnet: 
Die gesetzliche Miete beträgt vom 1. April 1927 ab mindestens 110 vom Hundert und vom 
1. Oltober 1927 ab mindestens 120 vom Hundert der Friedensmiete (Reichsgesetzblatt Nr. 13 S. 71). 
Durch Reichsgesetz vom 19. März 1927 wurde dem Mieterschutz— 
gesetz 552 folgender Absatz angefügt: 
„Die oberste Landesbehörde stellt für Räume, die nach Absatz J von den Vorschriften des ersten 
Abschnittes ausgenommen sind, allgemeine Grundsätze über die Gesichtspunkte auf, die unter Be— 
rücksichtigung der örtlichen Verhältnisse für die Beurteilung der Angemessenheit des Mietzinses im 
Sinne des 8 49 à von Bedeutung sind.“
	        
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