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Scenen, Thränen, Bitten, Vorstellungen — Verstoßung, ange—
drohte Enterbung! Alles ließ mich kalt. „Sie, nur sie!“ —
Ihr, der Reinen, Verkannten zu Liebe trug ich mit dem
Stolze der Märtyrer“ alle Unbill, die mir Eltern und Ver—
wandte zufügten. Am schwersten ließen sich die materiellen Ein—
schränkungen überwinden, die bald erfolgten, da mein Vater die
hand fast ganz von mir abzog, und mir nur eben die Mittel
zum allernotdürftigsten Lebensunterhalte gewährte. Das machte
mich noch stolzer, litt ich doch um ihretwillen, mußte sie mich,
den einst verwöhnten reichen Familiensohn deshalb nicht zehnfach,
ija hundertfach mehr lieben?
Sie schmollte zwar anfangs allerliebst, als die gewohnten
reichen Geschenke an Armbändern, Ringen ꝛc. weniger oft er—
folgten, und schließlich ganz ausbleiben mußten, doch ich versprach
ja, Alles späterhin tausendfältig nachzuholen!
Mein liebster Freund, der Altmärker — eine biedere, gerade
Natur — beschwor mich himmelhoch, der Geschichte ein Ende
zu machen; vor Allem stellte er mir wieder und wieder vor,
daß es eines anständigen Menschen unwürdig sei, auf solch
zweideutige Weise von sich reden zu machen. Aber da kam
er schlecht an!
In meinem Verhältnisse zu dem Mädchen war nichts, was
das Licht zu scheuen hatte. „Kurt! noch eine derartige Be—
leidigung — und Du zwingst mich, Dich zu fordern! Daisy
„st meine Braut, das merke Dir, ein unantastbares Heilig—
tum! Wäre sie die mir öffentlich verlobte Tochter des ersten
Bürgermeisters, ich könnte sie nicht höher und reiner halten, als
es von meiner Seite geschieht. Ihr Ruf soll makellos sein, und
wer ihn anzutasten wagt, den schieße ich, der Wahrheit zu Ehren,
über den Haufen, gleich einem feigen Hunde!“ —
Traurig schüttelte der Märker den Kopf. „Du wirst Deinen
Irrtum noch einsehen lernen,“ war seine Erwiderung.
Es ging stark auf mein Examen zu. Ich saß ganze Abende,
nachdem ich meine traute Daisy früher verlassen hatte, hinter