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viertes Kapitel. 
strichen, da vermochte der Lehrbube schon ganz wacker zu gießen, 
zu löten, zu feilen und zu glätten. Und gegenwärtig, nachdem 
er noch nicht zwei volle Jahre gelernt, saß er über einem 
größern und schwierigern Werk, das schon über die Hälfte fertig 
war: er bildete aus getriebenem Silber die sieben Fälle Christi 
unter den Fäusten der Kriegsknechte auf dem Schmerzensweg 
von Gethsemane nach Golgatha. Und mit heimlichem Erstaunen, 
mit innerlichstem Entzücken sah der Vater, wie der Sohn hier 
nicht bloß nach fremdem Muster arbeitete, sondern eigne Ge— 
danken zu gestalten wußte. 
Mit Ungeduld sah er der Vollendung des Werks entgegen, 
und als die Stunde endlich gekommen war, rief der glückselige 
Meister sein Weib herbei und zeigte ihr mit gerechtem Stolz, 
was sein Jünger geschaffen. 
Am Abend dieses Tages stand auf dem Tisch des Wohn— 
gemachs ein großer Zinnkrug, gefüllt mit rotem Burgunderwein, 
den hatte der Vater zu Ehren des jungen Künstlers gespendet. 
Und er hatte seine Freunde und Nachbarn gerufen, sich zu 
freuen mit dem Fröhlichen. 
Meister Wolgemut der Maler war auch darunter. Der 
war vor andern des Lobes voll und streichelte dem Albrecht 
einmal um das andere das Lockenhaar. Dabei kam er auch 
auf die andere Kunstfertigkeit Albrechts zu sprechen und meinte, 
das Pfund, welches Gott einem Menschen vertrauet, dürfe der— 
selbe nicht ins Schweißtuch thun, sondern müsse damit wuchern 
zur Ehre Gottes und zu Nutz des Nächsten. 
Dem Meister Dürer mochte diese Rede nicht recht gefallen. 
Er meinte, hier möge wohl ein anderes Wort der Schrift 
gelten: Niemand vermag zweien Herren zu dienen. Wolle 
Albrecht der Malerei mit gleichem Eifer obliegen wie seinem 
Handwerk, so werde er's in keinem Stück zur Vollkommenheit
	        
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