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daß er keinen Heller habe zur Nachtherberge und zum
Aoendorot, und daß ex dazıt fo frank fei, daß er kaum
aufrecht ftehen füönne, In der That war der arme
Burfhe recht ein Bild. des Jammers und EClends.
Und wie ih ihn fo betrachte, da auf einmal wird
mix’8 Har, mas mir vorhin fo fchwer auf die Seele
gefallen, und wie Pharaos Schenke mußte ih fagen:
Ic gedenke Heut an meine Sünde, Denn gerade ein
folches Bild des Elends war ich felbit am Weihnachts=
abend vor zwanzig Jahren gewefen. Ih fand damals
al8 armer, totfranfer WanderburfdhH in einem einfam
an der Straße gelegenen Häuschen eine Stunde vor
Ansbruck freundliche Aufnahme und Pflege, Die beiden
guten Alten, die Das Häuschen bewohnten, erquicten,
verpflegten und befleideten mich. Drei Wochen war
id) bei ihnen. Ich Fonnte ihnen dafür, daß fie mid
vor dem Berfchmachten gerettet und liebend mich wie
ihr Rind behandelt Hatten, nicht® geben. Aber als ic
von ihnen Abfchied nahın, da gelobte id) feierlihh meinem
Sott, wenn ih einft Meifter fein würde, an armen Sefel=
fen ein Gleiches zu thım. Das war 1516 und 1536 erft
trage id) biefe Schuld ab. Der arme Burfche, durch
den Gott mich an meine Schuldigkeit mahnte, ijt etz
lie Tage fterbensfrank gewefen, jebt aber geht es
beffer mit ihn, und ih hoffe, daß er bald wieder herz
geftellt fein wird. Das ift die Gefchihte von dent
Fremden Sefelen.“ —