Eriter Abidnittkt.
Das gerichtliche Berfahren.
Der erflte Teil der Nürnberger Reformation ift dem gerichtliden Ber-
jahren gewidmet. Meben einer Aufzählung der ver[hiedenen Gerichte und ihres
Zuftändigfeitsbereihes bringt diejer Abfjchnitt eine ganz eingehende Regelung
des Berfahrens vor eben diejen Inftanzen. Ebenfo, wie die bereits 1549 „ver-
neute und gebefferte (Stadt-)Geridtsordnung“ 1) ihrem Inhalt nach „guten
Teils aus denen gemeinen und anderen Reihs-Rechten, bevorab aber aus denen
alten und neuen Cammer-Gerichts-Ordnungen genommen worden“ 1°), handelt
es fidh au bei den prozekrechtlihen Voridhriften der Reformation um eine Zu-
jammenftellung teils allgemein in Deutichland aeltender, teils nur in Nürnberg
beachteter Rechtsfäge 29).
Während nun in Mürnberg der geridhtlidHe Prozeß eine wenn aud) diel=
fach dem gemeinen Recht ent/tammende, fo doch erfihöpfende Regelung In einem
örtliden Gejeßbuche fand, verzichtete man in Dinfelsbühl auf derartige Boll-
{tändigfeit. Die „Prozeßordnung“ diejer Stadt befagt in Pars II Titel XI $ 9:
„Schließlidh ift hierbey zu wijfen, daß in denjenigen Cafibus, jo in diefer Prozeß=
Ordnung nidt reguliret find, nad denen Reihsgefeßen und gemeinen Rechten
verfahren werden foll.“ 21) Eine im Rechtsleben der Städte häufig zu beobad)=
tende Ericheinung ift hier einmal für ein Teilgebiet Mar und ausdrüdlih felt-
geleatf.
Aufbau und Wortlaut der Borichriften laffen feine Schlüffe auf eine un=
mittelbare Beeinfluffung Dinkelsbühls dur Nürnberg zu. Der im wejentliden
gleiche Inhalt der Beftimmungen erflärt fih aus der gemeinfamen Yuelle bei:
der Ordnunaen.
Sihnlich liegen die Dinge in Rothenburg. Die „Verneuerte und Gebefferte
Gerichtsordnung“ von 1581 ??) enthält [hon im einleitenden Abjchnitt den Hin-
weis, daß der Rat der Stadt diefelbe aus „deß Kayferliden Cammergerihts
und anderer dek Heiligen Reichs Stend ISblihen Statuten und Ordnunaen zU=
18) Diefe ijt älter al8 die Reformation und enthält Dienitanmeilungen für
die Geridhtsperfonen.
19) Woeldern, Commentatio S. 492 Anm. *.
20) Siehe hierzu Waldmann a. a. D. S.82{f.
21) DaZ Entftehungsjahr bes Druckes ift niraendS verzeichnet, jedenfalls ift
er nach 1654 anzufeßen.
22) Sandichrift in „Edieta und Ordnunaen 1512—1599“.