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A. Allgemeiner Teil. Il, Die Strafe.
5. Die Strafausschliessung.
a. Schuldlosirkeit.
Dem alten Verfahren gemäfs vermochte der eines Verbrechens
bezichtigte Bürger durch Einhandseid seine Unschuld zu erhärten.
Dies Vorrecht verlor später seine Kraft, in Inzichtsfällen forderte
man genaueren Nachweis. Ebenso suchte der Rat aut ein
Bekenntnis in der Tortur hin die Wahrscheinlichkeit des Be-
haupteten zu erforschen. War diese verbürgt, so konnte den
Armen nur noch Fürbitte reiten; Widerruf der Urgicht errang nur
ausnahmsweise Berücksichtigung.)
Sonst erhielt der als schuldlos Erkannte bei der Freilassung
eine „Urkunde seiner Unschuld“ und, sofern ihm durch Tortur
schwere Verletzungen zugefügt waren, ev. noch ein mäfsiges
Schmerzensgeld.?) Der falsche Ankläger haftete für Schadensersatz
und Zahlung der Atzung. Nie wurde ferner der Freigesprochene
ohne feierliche Urfehde (de non uleiscendo) entlassen. Schien
hiegegen der Verdacht begründet, ohne dafs ein Schuldbeweis zu
erbringen, ein Geständnis zu erzwingen war, so verwies man ihn
stets des Landes und gab ihm mitunter eine Züchtigung (poena
extraordinaria) als Denkzettel mit.)
‘') Wie er dann bemelts tags vngeacht das Er vf dem Rabenstein die
That widerrvffen und darauf gestorben, das er daran vnschuldig mit dem
Rad gericht worden, Rtb. XXXII, 163, 1567: Im folg. Jahr beschwört nach
beschehener Vrgicht ein gew. Volland, dals ihm nur die furchtbare Tortur
das falsche Bekenntnis entlockt habe. Hier treten die Konsulenten tatkräftig
auf: Das Geständnis durch Marter erpreist habe keine Kraft. Man solle nach
Notorien und weitern Beweisen fahnden, gelingt dies nicht, ihn nach dem
Prinzip „lieber zehn Schuldige frei“ ledig lassen; s. jedoch den Fall „Schönin“
(1716) b. Waldau, Verm. Beitr. 2, 174 ff,, wo zweifellos ein Justizmord vor-
liegt. Hiegegen werden freilich wieder hohe Summen zur Erkundung der
Wahrheit der Aussage geopfert. 1441 wird z. B. wegen eines später als Dieb
gerichteten Gauklers nach Eichstätt, Gunzenhausen etc. gesandt „von vil
mörde wegen, der er bekant der man kein erfarung kund noch mochte und
er auch ders, mörd am letzten gantz in lawsen trat“: erfaren, ob es grundt
hab, Rp. 1471, 1, 6.
2) kreutzer vyrkund seiner vnschuld geben, Rp. 1533, 3, 27; s. Verfahren
505, (118).
3) s. Verdacht.