Objekt: Verwaltungsbericht der Stadt Nürnberg für das Jahr 1924/25 (1. April 1924 bis 31. März 1925) (1924/25 (1925))

Besondere Fürsorge und Wohlfahrtspsflege. 
In 55 Fällen handelte es sich dabei um eigentliche Adoptionen bzw. probeweise Auf— 
aahme eines Kindes mit der Absicht späterer Adoption, in 10 Fällen um Dauerpflege. 
12 Fälle betrafen Ehelichkeitserklärung. In 24 Fällen hatten die neuen Eltern bereits von 
vorneherein ein bestimmtes Kind im Auge, womöglich schon in Pflege, so daß uns nur 
noch die genaue Prüfung der Verhältnisse und die Mithilfe bei der Erledigung der 
Formalitäten verblieb. In den übrigen Fällen waren Angebot und Nachfrage erst noch 
zusammenzubringen. 37 mal gelang dies auf Grund der bereits vorliegenden Vormerkungen, 
in 16 Fällen war es nur unter Mitwirkung anderer Stellen möglich. 
Die Adoptionsvermittlung erfordert grundsätzlich außerordentlich weitgehende Rücksicht— 
aahme auf die Besonderheiten des Einzelfalles. Die Ansprüche der Eltern in bezug auf 
Alter, Geschlecht, Begabung, Charakter, Herkunft, Gesundheit und äußere Erscheinung der 
Kinder sind sehr mannigfaltig, umgekehrt muß im Interesse der kleinen Schützlinge sehr 
wählerisch vorgegangen werden. Bei aller individuellen Behandlung wird jedoch an be— 
stimmten Grundsätzen festgehalten, die sich während der nunmehr 4jährigen Tätigkeit der 
Adoptionsvermittlungsstelle als richtig erwiesen haben: 1. sorgfältige Prüfung der Frage, 
ob eine Adoption für das Kind überhaupt nötig ist, 2. sorgfältige Untersuchung des Kindes, 
3. genaue Ermittlung über die Verhältnisse der in Aussicht genommenen Adoptiveltern, 
4. Feststellung, ob Kind und Adoptiveltern dem gleichen Bekenntnisse angehören, was als 
Boraussetzung für die Adoption gelten muß, 5. kein sofortiger Abschluß des Adoptions⸗ 
bertrages schon bei Uebergabe des Kindes, sondern immer erst nach einer längeren Probezeit. 
Zum Vertragsabschluß kam es in 25 Fällen. Nur 5 Ehepaare waren über 50 Jahre 
alt, alle übrigen hatten Altersdispens erhalten. In 6 Fällen hatte die Mutter darauf ver⸗ 
zichtet, den Namen der Adoptierenden zu erfahren. In einem solchen Falle war die 
vormundschaftsgerichtliche Genehmigung verweigert worden, wogegen mit Erfolg Beschwerde 
eingelegt wurde. Das Landgericht stellte sich auf den Standpunkt, daß die Einwilligungs— 
erklärung der Mutter zu einem von der Berufsvormundschaft abzuschließenden Adoptions— 
vertrag unter Verzicht auf Nennung des Namens der Adoptierenden nicht als unsittlich an⸗ 
zusehen sei. Diese Entscheidung ist für die Adoptionsvermittlung von außerordentlichem 
Werte. Das Vormundschaftsgericht Nürnberg hat ferner auf Anregung der Berufs— 
vormundschast noch besondere Vorkehrungen getroffen, daß Akten, die solche Verträge ent— 
halten, auch äußerlich schon als „geheim“ gekennzeichnet werden und bestimmt, daß Auskunft 
aus solchen Akten nur der Richter persönlich erteilen kann. Der unehelichen Kindsmutter 
wird also der Name der Adoptiveltern nur dann mitgeteilt werden dürfen, „wenn der 
Richter nach eingehender Prüfung der gesamten Verhältnisse, insbesondere nach Anhörung 
der Adoptiveltern, die Ueberzeugung erlangt hat, daß die Kindsmutter keine unlauteren 
Zwecke verfolgt, daß durch die Mitteilung der durch die Adoption verfolgte Zweck nicht 
obereitelt und das Interesse des Kindes nicht verletzt wird.“ Diese Anordnungen erwiesen 
sich als besonders förderlich für die Adoptionsvermittlung. 
Auch in diesem Jahre zeigte sich wieder, daß die Kinder, die meist aus bescheidensten 
Berhältnissen stammen, durch die Adoption vielfach in sozial gehobene Schichten aufsteigen. 
Endlich sei auch noch hervorgehoben, daß unter den vermittelten 77 Kindern nicht weniger 
als 52 bis dahin der Armenpflege zur Last gefallen waren. Sie werden künftighin voraus— 
sichtlich nie wieder öffentlicher Unterstützung bedürfen, was eine Ersparnis von vielen tausend 
Mark jährlich ausmacht. 
Kostkinderaufsicht. Zu den 943 Kostkindern, die zu Anfang des Berichtsjahres unter 
Aufsicht standen, kamen 668 Zugänge, ferner waren 761 Abgänge zu verzeichnen, so daß am 
Ende des Berichtsjahres noch 850 Kinder unter Aufsicht standen. Der Rückgang um 93 Kinder
	        
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