Besondere Fürsorge und Wohlfahrtspflege.
e) Städtische Jugendfürsorge im engeren Sinn.
Allgemeines. Während die Jugendämter in ganz Deutschland für das Jahr 1024
schon über die Durchführung des Reichs-Jugendwohlfahrtsgesetzes berichten können, ist dies
bei uns in Bayern noch nicht der Fall. Wir entbehren noch der Verankerung im neuen
Gesetz und der Förderung, die wir für unsere Arbeit von ihm erhoffen. Das Berichtsjahr
ist das erste Jahr, in dem die Familienfürsorge in Nürnberg ganz durchgeführt war. Wir
können erfreulicherweise sagen, daß sie sich vom Standpunkt der Jugendfürsorge aus im
ganzen bewährt hat, wenn auch noch allerhand Schwierigkeiten zu überwinden sind, deren
größte in einer Ueberlastung der einzelnen Fürsorgerinnen liegt.
Die außerordentlich notwendige Fühlungnahme zwischen Schule und Jugendfürsorge,
die im Vorjahre zu wünschen übrig gelassen hatte, wurde im Berichtsjahr erneut angebahnt.
Als völlige Neueinrichtung wurde im Berichtsjahr geschaffen die Jugend—
abteilung KCagesheim) für schwachsinnige und körperlich be—
hinderte volksschulentlassene Knaben und Mädchen im Anschluß an den Erwerbs—
beschränktenbetrieb. Das Stadtjugendhaus zur Krone ging am 1. Januar 1925 ganz in die
Berwaltung der Jugendfürsorge über. Die Notstandsarbeit für jugendliche Erwerbslose, mit
der im Vorjahr ein erster Versuch gemacht wurde, wurde im Berichtsjahr in verstärktem
Umfang und längerer Dauer an zwei Orten, in Altenfurth und auf dem Rutzenhof bei
Treuchtlingen, mit gutem Erfolge wieder aufgenommen.
Im Berichtsjahr sind zwar durch die Markstabilisierung die überaus verhängnisvollen
Begleiterscheinungen der Währungszerrüttung verschwunden, dagegen treten unter den Zeit—
erscheinungen die Wohnungsnot und der Alkoholismus besonders stark als Quellen oft
furchtbarer Jugendnot und Jugendgefährdung auf.
Jugendschutz. Im Berichtsjahr hat sich die Zahl der laufenden Fürsorgefälle nicht in
demselben Maße vermehrt wie in den früheren Jahren. Immerhin ist sie von 2428 auf
2714 gestiegen. Da die Abteilung Jugendschutz nur Familienakten hat, so beträgt in Wirk—
lichkeit die Zahl der Kinder, die sie in Fürsorge hat, über 6000. Die Zahl der Neu—
zugänge betrug 1641 gegen 1371 im Vorjahr. Von den Neuzugängen waren 9 Prozent
im vorschulpflichtigen, 33 Prozent im volkshauptschulpflichtigen Alter, 50 Prozent im Alter
der Fortbildungsschule und 8 Prozent im schulentlassenen Alter. Auf die volkshauptschul—
entlassene männliche Jugend treffen 50,5 Prozent der Neuzugänge. Bloß die Hälfte aller
Kinder stammte aus der vollständigen Normalfamilie, d. h. der Familie, in der die natürlichen
Eltern des Kindes leben und in der Ehe vereinigt sind.
Die sprunghafte Zunahme der Anträge auf Fürsorgeerziehung im Vor—⸗
jahre — sie schnellten damals von 101 auf 185 hinauf — hielt erfreulicherweise nicht an.
Die Zahl ist im Berichtsjahr von 186 auf 138 gefallen. Als Ursache kann zweierlei angeführt
werden. Erstens die veränderte Rechtsprechung des obersten Landesgerichts, die die An—
wendung der Fürsorgeerziehung als Vorbeugungsmittel sehr erschwert, sodann die Tatsache,
daß der Schwerpunkt der Arbeit der Abteilung Jugendschutz in steigendem Maße auf die
oositiven Jugendfürsorgemaßnahmen außerhalb der Fürsorgeerziehung verlegt wurde,
wodurch sich nicht selten die Fürsorgeerziehung vermeiden ließ.
Wirtschaftliche Hilfe in Form von Kleiderbeschaffung wurde wiederum in
232 Fällen gewährt, darunter in 173 ohne verlangte Gegenleistung, in 59 Fällen gegen
ratenweise Abzahlung. Außerdem wurde in besonders dringenden Fällen an Lehrlinge, die
in Fürsorge standen, in 21 Fällen Mittagskost kostenlos verabreicht.