Volltext: Anselm von Feuerbach, der Jurist, als Philosoph

26 
aber doch auf neue Untersuchungen zu dringen, bis ihre Re- 
sultate mit denen der Vernunft in Harmonie stehen, und ihre 
Aussprüche gegen den Skeptizismus gerechtfertigt erscheinen. 
Freilich!) ist der gesunde Menschenverstand, insoferne er 
der philosophierenden Vernunft entgegengesetzt ist, In der Philo- 
sophie selbst von gar keinem Gebrauch. Diese muss vielmehr 
alle ihre Urteile und Sätze aus Gründen: und zwar aus den 
möglichst letzten Gründen deduzieren, wenn sie nichts ihrer 
Würde vergeben und nicht aufhören will, Philosophie zu sem. 
Der gemeine Menschenverstand hingegen kann aus unmittel- 
baren Beziehungen seine Urteile fällen, ohne der Gründe sich 
bewusst zu sein. — 
Was heisst aber nun philosophieren ? Philosophieren heisst 
bei Feuerbach nicht denken, wenn €s auch von verschiedenen 
Philosophen seinerzeit so definiert wurde. Scharfsinnig ist hier 
seine Argumentation gegen Maimon.?) Letzterer hatte ge- 
sagt: „Philosophieren heisst: Einheit in das Mannigfaltige der 
Erkenntnisse zu bringen.‘ Auf diese Weise könne die Phiılo- 
sophie kein Ganzes sein, und es wäre unmöglich, hier von 
einer Philosophie als Wissenschaft zu reden. Denn: da jedes 
Mannigfaltige der Erkenntnisse Einheit erhalten, da ich über 
jeden Gegenstand denken kann, so ist alles, was nur immer 
Gegenstand meiner Erkenntnis zu werden vermag, Gegenstand 
der Philosophie. Aber diese Wissenschaft könnte keinen. be- 
stimmten Gegenstand, kein bestimmt abgemessenes Gebiet 
haben — Bedingungen, ohne die eıne Wissenschaft nicht ex1i- 
stieren kann. Und er schliesst die Entgegnung mit den Sätzen?): 
„Nur durch einen. bestimmten Zweck und einen durch diesen 
bestimmten Gegenstand kann Philosophie ein Gebiet haben 
und in die Reihe der Wissenschaften gehören. Nur durch 
diesen Zweck und Gegenstand kann auch das Philosophieren 
vom Denken unterschieden. werden, und dieses Ziel ist die Auf- 
lösung der praktischen Probleme des’ gemeinen Verstandes.” — 
Ueberhaupt kann eine Wissenschaft von andern Wissen- 
schaften nur durch zwei Dinge unterschieden werden : Entweder 
durch ihre Form oder durch ihren Inhalt.4) Die Form einer 
A 
!') Kritik des natürlichen Rechtes. 5.27. *) 5. 26/27. 
3) Nieth, Journal. Bd.2 S. 306, 
4) Kritik des natürlichen Rechts. S. 32/33 ff.
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.