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würdigte, gab ihm wiederholt Beweise seiner Anerkennung und
seines Vertrauens. Im Jahre 1817 führte er ihn als stimm⸗
berechtigtes Mitglied in den Staatsrat ein und ernannte ihn zum
Obersten. Im Sommer desselben Jahres erlebte Prinz Wilhelm
die Freude, seine Schwester Charlotte, die mit dem russischen
Großfürften Nikolaus verlobt war, als Brautführer zu den Hoch—
zeitsfeierlichkeiten nach St. Petersburg geleiten zu dürfen. Es
war eine fröhliche Brautfahrt, aber in die Freude mischte sich die
wehmütige Erinnerung an die geliebte Mutter, die vor elf Jahren
auf demselben Wege mit ihren Kindern vor den Franzosen nach
der preußisch-russischen Grenze geflohen war und sich auf dieser
Flucht den Keim des Todes geholt hatte. Bei der am 18. Juli
stattfindenden Vermählungsfeier hielt Wilhelm nach russischer
Hofsitte der vor dem Altar knieenden Braut eine Krone über
das Haupt, während dem Bräutigam ein Bruder dasselbe that.
Bald darauf begab er sich, einer Einladung der kaiserlichen
Familie folgend, die ihn mit Aufmerksamkeiten überhäufte, und
mit besonderer Erlaubnis seines königlichen Vaters nach Moskau,
der alten Hauptstadt des russischen Reiches, die sich damals aus
den Trümmern des großen Brandes vom Jahre 1812 wieder erhob.
Vom höchsten Turme des Kremlpalastes sah der Prinz herab
auf die unzähligen Kirchen und Kuppeln der merkwürdigen Stadt,
die vor fünf Jahren erst den Eroberungsplänen Napoleons
ein Ziel gesetzt hatte. Erst im Januar des folgenden Jahres
kehrte er nach Berlin zurück. Als bald darauf König Friedrich
Wilhelm III. zur Taufe des ersten Enkels nach St. Petersburg
reiste, gab er dem Prinzen einen neuen Beweis feines Vertrauens,
indem er ihm sür die Zeit seiner Abwesenheit die oberste Leitung
der Militärangelegenheiten übertrug. Im nächsten Jahre wurde
Prinz Wilhelm Mitglied des Kriegsministeriums mit Sitz und
Stimme, und in dieser Eigenschaft gewann er einen tiefen Einblick
in alle Verhältnisse des Heeres, wie er auch an allen Beratungen
und Arbeiten zur weiteren Ausbildung desselben mitzuwirken
hatte. Im Jahre 1820 wurde ihm der Oberbefehl über die
1. Garde-Division, und im Jahre 1825, an seinem 28. Geburts—
tage, die Führung des 8. Armeekorps übertragen. Bald darauf
führte ihn ein schmerzliches Ereignis in der russischen Kaiserfamilie