10
Einleitung.
zu fabulieren, weiß sie in immer neuer und ansprechender
Weise einzukleiden. Häufig genug ist auch Hans Sachs
Wünschen, die an ihn herantraten, gefällig gewesen und hat
als Gelegenheitsdichter im eigentlichen Sinne sich gern be⸗
thätigt. Von der Veröffentlichung hat der Dichter selbst
seine 4276 Meistersingerlieder ausgeschlossen, doch sind unter
seinen strophischen Gedichten nicht wenige, die ihnen nach
Form und Inhalt entsprechen. Die Mängel, welche den
Dichtungen Hans Sachsens anhaften, liegen vornehmlich auf
sprachlichem und metrischem Gebiet, störend wirkt die Un—
reinheit der Sprache, die besonders in ungenauen Reimen
zutage tritt, und die einfach silbenzählende Metrik des
Dichters, zudem hat seine unerschöpfliche Fabulierkunst den
Dichter oft genug verführt, die prosaischten Dinge in Verse
zu bringen und in weitschweifiger Breite in seinen Schilde—
rungen sich zu ergehen. Trotzdem bleibt er der wichtigste
Dichter seiner Zeit, der Rehm des Bürgertums und des
Handwerks in dieser Epoche.
Die von ihm selbst veröffentlichten Dichtungen teilt
H. Sachs ein in:
1. Lieder (73), strophisch gegliedert, die Strophen
wiederum meist nach Weise der Meistersinger aus zwei
Stollen und einem Abgesang bestehend. Der Inhalt ist
geistlich oder weltlich; sein erstes Gedicht ist das „Buhlen—
scheidelied“, vom 1. Sept. 1513 datiert; sein erstes geist—
liches Lied, „GCloria patri, Lob und Ehr'“, stammt
aus dem Jahre 1514. Der Inhalt der weltlichen Lieder ist
nicht nur lyrisch, es finden sich darunter auch Fabeln und
Erzählungen epischen und didaktischen Charakters.
2. Sprüche (gegen 1700), d. h. Gedichte ohne
strophische Gliederung meist erzählenden Inhalts, nicht zum
Singen, sondern nur zum Lesen bestimmt. Ihre metrische
Form ist der achtsilbige Knüttelvers, den Goethe im „Faust“
wieder zu Ehren gebracht hat. Der unerschöpfliche Inhalt
dieser Sprüche ist staunenswert, sie waren es besonders,
die Goethe begeisterten und zur Nachahmung veranlaßten.
4
Frn
Frt
—.
u
7
Pt
5
J
s