Volltext: Der deutsche Meistergesang

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und der Bapft Leo VIIL. forderte jene nach Pavia, 
damit fie von ihrem Leben und Treiben Rechen] Haft 
ablegten. Die Meifterfinger erklärten hier freimütig, 
daß Gott ihnen die Lieder gejhenkt und daß diejelben 
daher nicht nur unfträflih, fondern auch heilig feien. 
Der Bapft ließ fie prüfen, erftaunte über ihre Kunft 
und entließ fie mit reihen Sejhenken, indem er ke echte 
Chrijften nannte. 
Pufjdmann berichtet, Kaijer Otto I. habe die 12 
Mainzer Meifter im Jahre 962 nad Pavia laden und 
dort von Gelehrten prüfen laffen, worauf fie als bie 
erften Meifjter der Kunft erkannt und beftätigt, worden 
Jeien. Der Kaijer habe fie mit einem Wappen!) und 
einer Kunftvollen goldenen Krone (Kette?) begabt, damit 
le diejenigen mit ihr f{Omücten, welde im Singen das 
Beite Leifteten. 
Die Hronologijdhen Fehler Liegen hier auf der Hand. 
Hrauenlob, einer der 12 Mainzer Meifter, lebte erft im 
13. Jahrhundert. Der ganze Bericht ift eine finnreiche 
Erfindung der fpäteren Meifterfinger, um ihrer Kunft 
ein höheres Alter zu verleihen. Schon Wagenfeil nennt 
die Erzählung einen „irrigen Wahn“. 
*) Das Wappen der Meifterfinger [ol ein gevierteilter Schild 
gewejen fein. Das 1. und 4. Feld enthielten des Heiligen römijdhen 
Reiches Wappen, d. h. im goldenen Felde einen zweifspfigen aus: 
gebreiteten Adler, das 2. und 3. Feld zeigten auf rotem Hinter- 
grunde das böhmijdhe Wappen, d. h. einen filbernen Löwen. Auf 
dem Schilde befand fih ein offener gefrünter Helm, aus dem ein 
böhmijcher Löwe hervorging, dahinter ein doppelt übereinander 
gejebter {Ohmarzer Flügel, deffen Federn goldene Herzen trugen. 
cf. Wagenfeil S. 515. Dar das Wappen nie eriftiert Hat, weift 
Edmund Soeße nad in: Das Wappen der Meifterfinger. (Archiv 
für Sitteraturgefjdh. 5, 281—286.) Übrigens mar der Klee die 
Sieblingsblume der Meifterfinger; er fennzeidhnete den blühen: 
den Bürgerfiand und verfinnbildlihte den dreigliedrigen Bau 
der Lieder.
	        
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