Vollmer (gutmütigg: Finden Sie? Nun, ich glaube, er
ahmt bloß die Sitte gewisser Dinge nach, die sich als frei
und kraftvoll erweisen möchten.
Frau von Albersdorf: Wenn solche Kraft sich nur
ein passenderes Opfer wählte!
Demoiselle Duroc: Oh, wollen Sie sagen, daß Kas—
par Hauser von ihm mißhandelt wird?
Frau von Albersdorf: Mißhandelt? Von diesem
Burschen? Das wohl nicht. Vielleicht genießt er sogar
einen heimlichen Respekt. Wenigstens klagt Kaspar nie.
Nein, selbst vor uns, seinen besten Freunden, hält er sich
verschlossen.
Demoiselle Duroe: Dann wachen doch auch die
Philanthropen — oder wie sagen Sie? — die Menschen⸗
freunde über sein Wohl? Ich hörte neulich einen Vortrag
unseres berühmten Professors Girardin — des Schülers
von Rousseau. Auch er erwähnte den Kaspar Hauser,
indem er bewies, daß sich die Reinheit der menschlichen
Natur deutlich erkennen lasse in der Unwissenheit dieses
aufgefundenen Knaben.
Vollmer: Doch das gilt jetzt nicht mehr, Mademoiselle.
Sie müssen bedenken, daß es sieben volle Jahre her ist, seit
Kaspar Hauser unter die Menschen trat. Und in diesen
sieben Jahren, die über ihn dahingebraust sind gleich einer
Sturmflut, hat er mehr gelernt, tiefere Blicke ins Leben
gethan als mancher junge Mann in dreißig. — Ja, damals
allerdings haben unter anderen auch Philanthropen sich mit
ihm beschäftigt. Sie zeigten Sympathie für seine Unschuld
und studierten die ersten Laute seiner erwachenden Sprache.
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