Volltext: Das alte Nürnberger Kriminalrecht

5. Notzucht. — 6. Inzest und Sodomie. 231 
Ob das Bezwingen einer fahrenden Dirne strafbar, ist überhaupt 
fraglich; die gemeinen Frauen sind zur Weigerung nicht befugt. 
Neben der Schwertstrafe, welche niemals Schärfung erfährt, 
liest man auch ewige Verweisung. Die Verletzte hat außerdem 
Anspruch auf Schadensersatz. Mildernd wirkt, wenn sie oder ihre 
Sippe Fürbitte einlegen; die Bereitwilligkeit, die Geschädigte zu 
ehelichen, ruft zuweilen Straflosigkeit hervor. Der Rat setzt es 
ev. zur Bedingung. Dafs sich das Opfer hiezu einverstanden er- 
klärt, gilt zumeist als selbstverständlich. Auch T’hurmhaft verfügt 
man ausnahmsweise. 1515 geht ein Wirt. der mit Hilfe dreier 
andrer einen Gast zum Haus hinauswirft und dessen Weib mils- 
braucht, mit seinen Genossen der Augen verlustig. Der Versuch 
wird analog der Vollendung behandelt. Kiner, der sich der Tat 
berühmt, erhält einige Tage Loch.) 
Merkwürdig oft bildet das „unredlich umgehen“ mit Kindern 
_ zumeist durch ältere Leute und Schulmeister — den Gegen- 
stand der Verurteilung. Neben Todesstrafe — auch bei Versuch 
kommt ewige Verweisung beim Hals und Augenverlust zur An- 
wendung. Ein Thürmer wird gerichtet gem. Art 119 der Kar.; 
Gefangenschaft und Unvernunft wirken in diesem Fall als er- 
schwerend. Milderung tritt 1528 ein, da eine Verletzung nicht 
vorliegt; Dotierung und halbjährige Verbannung werden als aus- 
reichend erachtet.5) 
6. Inzest und Sodomie. 
Das erstere sehr häufig begangene Verbrechen wird stets mit 
dem Leben gesühnt. Zum Tatbestand verlangen n. E. d. Kar. die 
Konsulenten. dafs er cum figura matrimonii begangen und Des- 
cendenz vorhanden sei. Aufser mit den nächsten Blutsverwandten 
ist Inzest denkbar mit der Stieftochter, der Nichte, der Schwägerin, 
mit zwei Verschwisterten, mit einer Frau und ihrer Tochter. Die 
reguläre Strafe ist das Schwert, der Versuch steht der Vollendung 
zleich. In Verbindung mit andern Verbrechen tritt Schärfung ein. 
4) Rischlb. B. 5, 53; Jäger, Jur. Mag. f. Reichsst., 337; Haderb. 1. 
1469—1488, 70, 112; M. Franz. Tageb., 1585, 1588, 1592. 
5) Früher nur 1 Jahr: AB. 817, 9, 1404; 34, 1407; 1527 wird ein Patrizier 
wegen des Verbr. än zwei Kindern gerichtet, Rtschlb, V, 213. HGB. 1. 91; 
Ptschlh XLVIL 150: Rtschlb. VL. 167.
	        
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