274 Kaspar, Freiherr von Guttenberg.
eines schönen Tages eine vierspännige Postkalesche in den Schloßhof
zu Koburg ein; zwei Herren, der Erzbischof von K. . . . und ein
Graf R. steigen heraus und bitten um eine augenblickliche Audienz.
Der Herzog empfängt sie, und es folgt eine zweistündige Unterredung,
nach welcher der Herzog die beiden Herren mit äußerster Höflichkeit
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gesetzt und sind abgefahren, als der Herzog eine Estafette nach Gotha
sendet, welche ein Kabinetsschreiben an den Polizeirat überbringt.“
Am folgenden Abend erklärt dieser im Kasino den Honoratioren:
„Ich habe Ihnen vor einigen Tagen erzählt, daß ich dem Kaspar—
Hauserschen Rätsel auf der Spur sei; meine Herren, heute habe ich
zu meiner Beschämung entdecken müssen, daß alle meine Koniekturen
auf Sand gebaut sind.“
Hickel ersuchte seinen verehrtesten Freund Eberhardt den 4. Juli
1848 von Regensburg aus, gegen die hier angehäuften Entstellungen
der Wahrheit und Verdächtigungen seiner Person aufzutreten. Eber—
hardt machte Ausflüchte, sodaß Hickel ihn unter dem 5. Juli „noch—
mals bat, das Nötige zu veranlassen“. Darauf erklärte Eberhardt
sich am 9. Juli von Koburg aus bereit, in den Korrespondenten
von und für Deutschland diese Berichtigung einrücken zu lassen: „Die
aus dem Morgenblatt in den Korrespondenten und andere Zeitungen
(3. B. Frankfurter Konversationsblatt vom 28. und 29. Juni) über—
gegangene Erzählung über K. H. Herkunft enthält neben Wahrem
auch vieles Erdichtetes und kann daher auf eine aktenmäßige Dar—
stellung keinen Anspruch machen. Namentlich hat Herr L. S. einen
Rittmeister auf eine ganz unzulässige Weise eingeschoben und über—
haupt Personen aufgeführt, die bei der Sache gar nicht beteiligt
waren.“ Ob Hickel mit dieser zahmen Erklärung zufrieden gewesen,
und ob sie erschienen ist, weiß ich nicht, wohl aber, daß Eberhardt
seinen Domherrenroman nicht mehr fahren ließ und allmählich an
der Hauserepidemie erkrankt ist. Wegen seines richtigen Blicks in
Kaspars Urmärchen )J war dies wirklich zu beklagen.
1) Den 30. Dezember 1849 schrieb er an den Archivsekretär Zimmermann
in Hannover: „Ein Schandfleck für die deutsche Polizei bleibt es immer, daß Kaspar
Hauser nicht entlarvt wurde. Das wahrhaft lächerliche Verfahren der Nürnberger