Volltext: Georg Buchner's Nachlaß

212 B. Besonderer Teil. V. Verletzungen der Sittlichkeit. 
sammen lassen und ihnen die Ehebruchsstrafe auferlegen ; die 
Juristen hingegen negieren die Giltigkeit nur in der Voraussetzung, 
dafs die beiden die Frau getötet haben.?) 
Nach Erfüllung dieser Vorbedingungen steht bei Weigerung 
des einen die Klage auf Herstellung der Ehegemeinschaft zu. 
Öriginell ist nachstehendes Beispiel: Eine Landsknechtsbraut, welche 
sich auf die Vorspiegelung hin, dafs ihr Geliebter gefallen sei, 
mit einem andern vereint — ohne also von ihrem Bräutigam 
richtig „geschieden“ zu sein — kommt nach dessen unvermuteter 
Rückkehr nur deshalb mit sträflicher Rede davon, weil der zweite 
unter Zurückerhaltung des Goldstückes, welches er ihr „auf die 
Ehe“ gegeben, klaglos von dannen zieht. Neben dem Handschlag 
findet sich also noch der alte fränkische Solidus als Ehestifter! !9) 
Ist eine derart geschlossene Ehe als matrimonium consummatum 
nicht ohne weiteres zu trennen, so besteht sie doch zum gröfsten 
Widerwillen der Obrigkeit. Zahllos und sicher gerechtfertigt treten 
uns die Klagen über diese Winkelehen aus Ratsprotokollen, Mandate 
und Ratschlägen entgegen; vergebens ersinnen die Hochgelehrten, 
um solchem Unwesen zu steuern, die scharfsinnigsten Gutachten. 
Umsonst drohen sie mit der Strafe des Himmels, weil mit dem 
Ehestand gleichsam, wie mit der „Docken‘ gespielt werde: „Wo 
die personen so gar jung Ynuerstendig vnbedachtlich Je hinder 
dem wein, an ein tantz, je bei nechtlicher weil hinder dem oten, 
vff dem poden oder andern winkeln heimlich v. kupplerischer 
weils zusammen kommen und kriechen v. die ehe einander ver- 
haissen v. hinach wider zu Ruck lauffen: das sey kein gottliche 
sonder des teufels zusammenfügung die nach gottlichem und 
weltlichem Recht pillich zu nicht gesprochen soll werden‘. 11 
Sehr oft werden Winkeleheleute getrennt und zumeist beide, 
zuweilen nur der weibliche Teil, für immer oder zeitweise aus der 
Stadt geschafft. Es handelt sich hier jedoch fast ausnahmslos um 
gewöhnliche Konkubinatsfälle, wo „sie nur mit ihm umging, vn- 
elich bei ihm safs, v. daz sie niht sein wirtin ist. v. die nahpawn 
vher sie elagten“. 1727 werden wegen wilder Ehe mit einer 
2) Rtschlb. V, 121. 
(0) Rtschlb. XLVI, 307. 
11) Rtschlb. XIII, 239; s. d. alten Scheurl Vorschläge, Zeitschr. f. KiR., 
XXIL 318. „Sie spielen nur mit uns der Docken.“ H. Sachs. Keller. X. 108
	        
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