Volltext: Hans Sachs und seine Zeit

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Neue Berheiratung. 
Zu der Freudigkeit, mit der er Ddiefe neue Ausgabe veranftaltet 
Hatte, fam aber noch ein anderes Ereignis, das feinen Mut und feine 
ZebensIuft wieder bedeutend hob. 
Wer wollte c8 ihn verargen, daß er, der durch Verluft von Weib 
und Kindern jebt in feinen alten Tagen vereinjamt war, den Ent{Oluß 
faßte, zum zweiten Male fich eine Frau zu nehmen, daß fie feiner fo 
nurfterhaft geordneten Hanshaltung vorftehe und zugleich den Reft 
ieinc8 Leben3 durch das HKofenband der Liebe verfchöne? 
Ein Iahr und fünf Monate hatte er den Witwerftand und die 
in drückende Bereinfamung feines Haufes ertragen, al er noch in 
‚einem 67, Lebensjahr {ich mutig zu dem Schritt der neuen Heirat 
entjchloß. Die neue Auserwählte war ein junges Möüdchen, Barbara 
Harjcherin, mit der er fich am 12, Auguft 1561 verlobte und mit der 
er Mnfang September Hochzeit machte, „fein fOlecht und ftil“. Daß er 
auch in Ddiefer zweiten Che fich glücklich fithlte, erkennen wir nicht nur 
it feiner danach neu erweckten dichterifchen Thätigkeit und bedeutend 
gefteigerten Schaffensfraft, fondern er fühlte fich auch gedrungen, ein 
volfeS Sahr jpäter feinem Glücke beredte Worte zu geben, in einem 
Sedicht, das er „das FHinftlich Frauenlob“ nannte. Mit außervordentlicher 
Beredfamfkeit fchildert er darin alle äußeren und inneren Vorzlige feines 
gen Weibes, Wie ein junger Berliebter befchreibt er ihre förperlichen 
Neize mit arbßter Naivetät — 
Ein Hälslein und ein Kehlen weiß 
Darunter zwei Brüftlein ich preif, 
Mit blauen ÄAÄderlein gezieret 
Si and wieder aedividiret — 
Und fo geht eS eine Weile fort mit ciner Offenheit, die man indisfkret 
nennen fönnte, wenn fie nicht des Dichter8 treuherzig= naive Dare 
itelfungSweife zeigte. Nachdem er fich in der Herzählung ihrer Körper: 
lichen Heize wie auch Ihrer guten umd edlen Eigenfchaften und ihres 
Hohen mwralijchen Wertes erfchöpft Hat, fchließt er fein Lobgedicht mit 
nem Hinweis auf das von ihınr vielfach benubte Buch Boccaccio3 „von 
den fürnechmften Frauen“ (nach Steinhöwel), indem er Jaat: 
!Denn Bocatius in feiner Jugend 
Much hätt qwußt ihr Sitten und Tugend, 
So hätt er fie geftellt auf Trauen 
>u den hundert durchleuchtiaen Frauen.
	        
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