154 B. Besonderer Teil. I. Verbrechen wider den Rechtstrieden.
der Mauern, im strengen geordneten Gemeinwesen keine Stelle
mehr; im Fall ihrer unbefugten Rückkehr schieden sie sich in
nichts von den wirklichen schädlichen Leuten. Die Ankündigung
des roten Hahns war die beliehteste Drohung, vornehmlich in der
Form eines zugesandten oder an das Haus gehefteten Brandbriefs.?)
Aufserdem enthielten diese Drohzettel mitunter die abenteuerlichsten
Zusicherungen. Aber auch die wörtlichen Verheifsungen entbehrten
nicht der Originalität. So suchte einer eine Verheiratete zur Flucht
zu bereden, indem er sie einlud. „mit im vom lande zu gen. tet
sie dez niht, er wollt ir alle viere abhauen.“ Man verwies ihn
auf zwei Jahre, tür die nämliche Drohung einem Bürger gegen-
über ist später acht Tage Thurm zugesprochen.“) Unter höherer
Norm stand das bereits erwähnte Messerzucken, wie die Gefährdung
von Ratsdienern.
Nach dem ewigen Landfrieden steigerte sich angesichts der
schärfern Maflsnahmen gegen die Befehder überhaupt auch die
Ahndung der Bedrohung. Gemäls der Anschauung der Konsulenten
sollte die Zusendung eines Fehdebriefs an sich noch nicht die
Todesstrafe bedingen, in ein grelleres Licht fiel jedoch solche
feindselige Kundgebung, wenn sie eine schwere Drohung, zumal
die Zusicherung des roten Hahnes enthielt. Sollte ja bereits nach
früheren Landfrieden derjenige, welcher zu brennen droht, als
Brenner sühnen.*) Trotzdem gewärtigten nur die, welche der
Republik selbst gegenüber in solch kecker Weise vorgiengen, das
Schwert; bei Bedrohung von Privaten trat lebenslängliche Ver-
bannung über die Donau oder unter Rutenstrafe ein, in gravierenden
Fällen Augenverlust. So verweigerte auch der Rat 1533 der
Stadt Bamberg die Richtung eines in Nürnberg verhafteten Bauern,
der seinem Nachbarn, da er ihn in einer Geldforderung nicht be-
friedigte, einen derartigen Brief gesandt: Man könnte ihn, indem
er nicht eine ganze Landschaft oder Kommune, sondern nur eine
Person gefährdet, höchstens des Gebietes verweisen oder zur
Sicherung eine Kaution von ihm bezehren. Man wisse ja auch
2) Man sandte Brandbriefe (Pasquille, sogar auf die Kanzel, Mand. N.
‘1688—1705), 141. Stbibl.
3) AB. 317, 34; C,H. 8 tag in ein versp. kämmerlein, d. d. er gesagt
hatt, Hans Reichen alle viere abzuhawen, Rtb, II, 124, StA.
4) Wenn einer ein andern aufbrennen drohet und nicht recht von ihm
nehmen will, über den soll man richten. als ob er gehrennt het. Priv. 1331. HD