Volltext: Die Reception des Humanismus in Nürnberg

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wir gerade Joachimsohns glücklichen Nachweisen die Über- 
zeugung verdanken, dass nicht Tucher, sondern Fridolin 
der Verfasser der anonym überlieferten Arbeit ist. So 
bedeutsam ist die Tuchersche Vermittlung. Im übrigen 
ist Fridolin auch noch unter die Auchhumanisten zu rechnen: 
seine wichtigste litterarische Leistung, der ‘Schatzbehalter”, 
der 1491 in Nürnberg gedruckt wurde, ist ein im Kern 
durchaus mittelalterliches Erbauungsbuch, das sich nur 
gerade wie Eybs ähnlich angelegter Sittenspiegel allerhand 
kleinen humanistischen Aufputz hat gefallen lassen müssen, 
Die Kenntnis antiker Schriftsteller, die daraus spricht, ist 
in den ‘Kaiserangesichten’ nun natürlich viel unbeschränkter 
und reiner zur Verwertung gekommen. Neben mittelalter- 
lichen Quellen sind Caesar, Vergil, Sueton, Josephus, 
Boccaccio und andere Fundgruben der humanistischen 
Gelehrsamkeit zu seiner Verfügung; besonders gern: zieht 
er Livius heran. An gelehrten Plänkeleien mit Meisterlin 
fehlt es nicht, obwohl es ohne Nennung eines Namens 
hüben und drüben bei blossen Anspielungen bleibt: solche 
erwachende Gelehrteneifersucht ist ein Zeichen dafür, dass 
es sich auch in Nürnberg für den Gelehrten zu lohnen 
begann, einander den Rang abzulaufen. 
Die auf diese Art in öffentlichen Besitz übergegangene 
Münzensammlung wurde “in der librey in einer grofzen taffell 
hängend, d. h. in der Stadtbibliothek aufbewahrt. Das 
Bibliothekswesen der Stadt, das geistliche und das welt- 
liche, ist es aber überhaupt, ‘bei dem die modernen Be- 
strebungen der humanistisch gesinnten Patrizier Tucher 
und Schreyer weiter einsetzen. Wir haben früher gesehen, 
wie die städtische Bibliothek, deren Grundstock die Kün- 
hoferschen Schenkungen bildeten, einen streng mittelalter- 
lichen Charakter hatte; die Rechnungseintragungen !) der 
1) Vgl. hierfür und für das Folgende die schon früher benutzte 
nützliche Arbeit von Petz: MVGNürnberg 6, S. 123 ff.: hier bes. 8. 147.
	        
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