Volltext: Das alte Nürnberger Kriminalrecht

A. Allgemeiner Teil. II Die Strafe. 
thurm zu sechs Prisaunen gebaut, welche — wie Schwalbennester 
an der Mauer klebend — durch die Buchstaben A—F gekenn- 
zeichnet, mit Thüren, Eisen, Gittern und Riegeln wohl verwahrt, 
des Winters einen keineswegs beneidenswerten Aufenthaltsort dar- 
boten. Wohnlicher gestalteten sich die beiden Prisons, welche 
1601 im Rathaus eingerichtet wurden; die Häftlinge genossen 
Licht und Wärme, wenn sie auch sonst von jedem Verkehr sorg- 
jältig abgeschlossen waren. !®) 
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Als sehr zweckmäfsig und heilsam erwies sich die Strafe des 
Schliefsens in die Springer unter Anhaltung zu öffentlicher 
Zwangsarbeit. Viel unnützes Gelichter, wie mancher, der den 
Strang des Henkers gestreift, fand hier ersprießliche Beschäftigung 
bei magerer Kost. Die Züchtlinge, welche auf wenige Monate 
oder Jahre ad operas publicas verurteilt waren, umschlofs an 
Hals und Füfsen je ein Eisenring; auf dem Halseisen stand ein 
Reif, der den Kopf umrahmend Glöckehen trug, an den Fulsringen 
schleppten sie Kette und Kugel. Sie hiefßsen die Springer- oder 
Schellen-Buben; während ihrer Ruhezeit hausten sie im Zuchthaus 
oder andern Gefängnissen. ') Minder gefährliche Streuner und 
fahrende Dirnen wurden, ohne dafs man sie in die Springer 
schlofs, zu öffentlicher Arbeit verwendet. Selbstverständlich kamen 
hierbei jüngere kräftige Leute in Ansatz und vornehmlich Fremde; 
Bürgerskinder durften nur auf ausdrücklichen oberherrlichen Befehl 
„wegen ihrer Verbrechen“ hierzu gezwungen werden. Die Tätig- 
keit äufserte sich meist als Arbeitsleistungen niedrigster Gattung, 
wie Strafsenreinigen, Aufeisen, Sandausführen, Palissadenausbessern, 
Weiherausheben. Die Springerbuben sollten von freien Taglöhnern 
getrennt gehalten und nur auf „ungewöhnlichen“ Plätzen und 
Gassen beschäftigt werden. Die Aufsicht führten Stadtschützen. 
Der sehr geringe Verdienst wurde auf die Verköstigung ange- 
15) Siebenkees, Material. 4, 507; 1601 zwei neue Prisaun auf dem 
Rathaus 8 schuh weit 18 sch. l. auch mit einem schlot, so die öfen neben- 
3inander kommen gemacht werden und mufste man in der einen ein fenster 
ausbrechen, in der andern hatte €s zuvor eins und kommen gedachte fenster 
in des Hauswirts hof ob der Küchen, also dafs kein Mensch mit den ge- 
fangen reden könnte, S II, L 5, Nr. 56. 
1) S IL, L 5, Nr. 59; s. a. Wagenseil, Comment. suceineta, 137, Dann- 
ceuther, Nemesis Norica ete.
	        
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