236 B. Besonderer Teil. VL Verbrechen wider das Kigentum,
ordnungen wählen zumeist die Aburteiluug eines Diebes als prak-
tisches Beispiel.®)
Die Sühne ist die „wide ane blutige hand“. Bei handhafter
Tat soll man ihn — dem Landfrieden von 1187 gemäls — ohne
weitere Formalitäten richten, nach der I. HGO. bedarf es wenigstens
nicht der Handhafte und des Gerüftes, wohl aber des Siebnereids
zur Überwindung, Nach dem ä. AB. verurteilt sich der deprehensus
in fürto zu lebenslänglicher Verweisung beim Halse. Im Fall der
Rückkehr büßt er tamquam fur sine alia sentenecia.?)
Wie erwähnt, ersetzt oder verschärft man früher den Strang
durch die Kette, einmal findet sich Zangenstrafe neben jenem.
Bei Weibern dominieren die damals üblichen Richtungsarten.
Aufserdem mauert man diebische Bürger ein. Auf geringer Ver-
gehung steht Ohrenabsehneiden, seltener Handverlust, Brandmarken,
lerner die Galeere, für Weiber Lasterstein und Rute. Später er-
freuen sich noch Spinnhaus und Springer, für Soldaten Spiefsruten
und Wippe grofer Beliebtheit.
Ehrliches Begräbnis —- wie zuweilen der Mörder — erringt
der zum Tod bestimmte Dieb nur selten. Nach späterer Anschauung
soll Infamie bei Ausspruch von poena extraordinaria nicht mehr
platz greifen, so z. B. auch ein Dieb unter fünfzehn Jahren nach
längerem guten Verhalten wieder Zulafls zum Handwerk erringen.
Sonst aber stofsen den Gestraften nicht nur seine Gewerksgenossen
aus, sondern auch hie und da seine Heimatgemeinde.!°)
Eine scharfe Scheidung zwischen grofsem und kleinem Diebstahl
ist zur Zeit des ä. AB. noch nicht nachweisbar. Ebenso scheint in
der Folge das freie Ermessen für jeden Fall das allein mafs-
gebende gewesen zu sein. Bei Entwendung von geringfügigen
Dingen kommt der Schuldige zuweilen mit Verwarnung oder kurzer
Haft davon. Freilich findet sich auch Todesstrafe; ein Lehrbursche
wird wegen weniger Pfennige nach Öhrabschneidung hinausgejagt.!!}
Man darf indefs nicht ohne Priifung von Härte und Willkür sprechen;
der Täter kann — sonst übel beleumundet — die erste Weihe
zum Galgen bereits empfangen haben.
51 s, Verfahren, HGO. 1111.
9) Füller exelusit se sententialiter de Civitate perpetuo sub pena sus-
pendii, AB, I, 5; Gerdrudis femina deprehensa in furto judicauit se sententia-
liter, quod sine omni sententia suspendatur, AB, I, 8, 9, ete.
10) s. Stadtverweisune. 11) Jäger, jur. Mag. f. Reichsst., 384.