Schädliche Leute.
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glaubwürdiger Unwissenheit entschuldigen, auf der Folter wegen
verübter Verbrechen befragt und mindestens unter Brandmarkung
und Rutenstreichen verwiesen, bei Wiederbetreten aber ohne
weiteres aufgeknüpft werden. Da der gehoffte „Effekt“ nicht er-
reicht wird, folgen rasch auf einander noch mehrere Patente, die
sich vornehmlich mit Bettlern, Juden und pactierenden Soldaten
beschäftigen. Das umfassendste Drohmandat indels ist das von
1720, das eingehend der verschiedenen Gaunerarten gedenkt und
manches Interessante aufweist. Dem verruchten Zigeunervolk und
sonstigen Gaunern wird vorerst Brandmarken, bei Wiederergreifen
der Galgen zugesichert; jedoch sollen Kinder unter achtzehn Jahren
im Christentum unterrichtet und zu einer Profession appliziert werden.
Begünstigern jener droht der Strang. Ferner werden Bettler, welche
nicht binnen Monatsfrist das Gebiet räumen, nach Abprügelung
und Urfehdschwur verwiesen, bei Rückkehr gebrandmarkt und
endlich aufgeknüpft. Einheimische soll man jedoch zur Arbeit
anhalten, Kranke pflegen, durch Krieg und Brand Heimatlosen
einen halbjährigen Aufenthalt verstatten. Falsche „Briefträger,“
die sich als Adelspersonen oder Offiziere gerieren, und bereits aus
benachbarten Kreisen verbannte Gauner sind besonders strenge
zu behandeln: Alle Krämer und Hausierer müssen, um sich zu
sichern, mit genauen Pässen versehen sein. Grenzbeamte, Zöllner,
Thorschreiber, Dorfmeister und Wirte haben jeden Verdächtigen
anzuzeigen, wie bei der Nacheile Beistand zu leisten; in Häusern,
Schäferhütten, Kellern und verdeckten Löchern soll man nach
Gaunern fahnden, sich Widersetzende sofort niederschiefsen. An-
geber werden belohnt, ihr Name — vornehmlich, wenn sie zur
Bande selbst gehören — nicht genannt. Was bei Gaunern ge-
funden wird, gehört den sie Verhaftenden. Anläfslich der auf
Jahrmärkten grofsartig betriebnen Beutelschneiderei zwingt man
die dort Ertappten durch Tortur, die ihnen bekannten Diebstähle
eidlich zu Protokoll zu geben.
Nach dem Mandat von 1723 endlich soll alle erdenkliche
Sorgfalt zur Ausrottung der Zigeuner aufgeboten werden. Die
Miliz ist angewiesen, mit Kundschaftern, Wegweisern, Schergen
das Land zu durchziehen, unter sich Korrespondenz zu pflegen,
mit den Nachbarbeamten zu streifen und behufs Ergreifung auch
die Grenze zu überschreiten. Daneben wird das ganze Landvolk
zur Hetze aufgefordert: die Gemeinden sollen strengste Wacht