A. Allgemeiner Teil. IL. Die Strafe.
Angesichts der Zunahme der Leichtfertigkeit wendet man
später auch die öffentliche Rutenstrafe rücksichtslos an. Bei Ver-
bannung des Mannes wird die Frau früher mit ausgewiesen, bei
einer Untat desselben fällt sie leicht einem unbegründeten Verdacht
zum Opfer.?)
Verbrechen gegen Weiber stehen unter keiner höhern Norm,
die Tötung einer Schwangern qualifiziert sich indefs als Doppel-
mord. Fürbitten der Ehefrau werden, sofern die Vergehung, wie
bei Ehebruch, gegen sie selbst gerichtet war, des Öftern beachtet.
Endlich hat sie Anspruch auf Wergeld bei Totschlag an dem
Gatten.
b. Bürger und Fremde.
Wie im Verfahren, so erfreuen sich jene auch im materiellen
Recht gewisser Vorteile. Die seitens des Rates erlassenen Fehde-
bestimmungen bestehen an sich nur für Einheimische; nur ihnen
ist es verstattet, die Friedbruchsreate durch Geld zu sühnen. Für
Fremde verbleibt es bei der strengern Satzung; eine besonders
hohe Bulse gewärtigt der Gast, welcher einem Bürger in das
Haar greift. Abgesehen vom Einmauerungsprivileg wird‘ auch
sonst der Insasse, da ja das Ansehn der Person nur allzu sehr
in das Gewicht fällt, — in Konkurrenz mit dem Fremden —
gelinder behandelt und der Gnade für würdiger erachtet. Mifsratne
Bürgerskinder, wie einheimische Narren erfahren eine wenigstens
nach damaliger Anschauung humane Behandlung; fremde Diebs-
buben schafft man ohne weiteres als unverbesserlich aus der Stadt,
Wahnsinnige gibt man dem Elend preis. Gemäls den Pönalpatenten
des 18. Jahrhunderts sollen Zigeuner und sonstige Streuner ev.
durch den Strang unschädlich gemacht, einheimische Bettler hin-
zegen zur Arbeit angehalten und, sofern sie krank, gepflegt werden.
Auswärtige verfallen aufserdem bei Aufdeckung eines Verbrechens
zu erhalten, Rp. 1582, 1, 26; Weib siebzehn Jahran Kette, Rtschlb. VII, 178;
nach der Niederkunft gerichtet, Rtschlb. XLIX, 54.
?*) Weib eines hetr. Falliten soll nimmer zum Bürgerrecht kommen, Ann.
1898; mit ihm gefoltert, Rtschlb. XXXVII, 152; Originell die Zeugschaftbest.
in der Egyd. Ordn,: Ob aber ain frau In sachen Ires manns zu Zewgen zu-
gelassen werd, Ist sie ain fraw ains bloden gemuttes, die Iren man furcht,
soll man sie verachten. Ist sie aber ain menliche fraw, also dafs sie Iren
man blodigkeit halben des gemuttes schlahen möcht, die soll man zulassen.
so sie ains guten Lewmunts, Hist. dipl. Mae. 2. 8317.