Volltext: Das alte Nürnberger Kriminalrecht

AN 
er 
Id 
1e 
Pr 
1e. 
NN 
All 
‚ot 
18° 
Ya 
rn 
N 
Fa 
IA 
Ip 
16S 
Pr 
ı1 
he 
+Bx 
der 
AN- 
AL 
JR 
rel 
DIL, 
ANZ- 
8. Die Vermögensstrafen. Volksjustiz. 
107 
Exkurs: Volksjustiz. 
Ungerecht und oberflächlich bekundet sich die Volksmeinung 
in ihren Worten, wie in ihren Taten. 
Gar viele der in diesem Werke als Verbrecher Gezeichneten 
sind lediglich traurige Opfer der Volksjustiz, einer nichtssagenden 
Verdächtigung Verfolgung, Tortur und Richtung dankend. Legte 
ja doch das alte Verfahren übergroßfse Bedeutung auf das Ge- 
rüfte und Gerüchte, war doch der böse Leumund einer der 
Hauptfaktoren der mittelalterlichen Beweisaufnahme, verdachter- 
weckendes Aussehen und Gebahren der Freibrief für summarische 
Aburteilung. Und wenn sonst gerade im Kleinwesen das Unkraut 
der schlimmen Meinung und Verleumdungssucht rascher Wurzel 
zu fassen und üppiger zu wuchern vermag, so trieb es auch in 
den Jahren des Verkehrsreichthums der Reichsstadt noch manch 
düsterrote Blüte. Der Anzeichen sind es genug, dafs es der Rat 
nicht immer verstand, offenbar vage --- gegen Hohe oder Niedere 
— gerichtete Gerüchte kategorisch niederzuzwingen. 
Und auch in ihren Taten geberdet sich die Volksjustiz zu- 
weilen so urwüchsig und elementar, dals ihr die allzu wenig 
disziplinierte und energische Hermandad indolent gegenübersteht- 
So ist insbesondere der Nachrichter während der Exekution im 
Fall des Mifslingens derselben vogelfrei; kein Friedgebot, keine 
Strafdrohung vermag dieser Anschauung entgegenzuwirken. Gegen 
einzelne Frevler geht man freilich oft mit unerbittlicher Strenge 
vor; aber wenn, wie mitunter, der Pöbel sich in Masse mit Hämmern, 
Beilen und andrer Wehr bewaffnet bei der Richtung zusammen- 
schaart und selbst die Kapläne und Stadtknechte mit Würfen und 
Hohnreden zu begrüßen nicht zagt, mufßs man sich lediglich darauf 
beschränken, den gefährdeten Nachrichter zu „retten“, jeglicher 
Verfolgung der Friedbrecher entsagend.') 
Nur einiger prägnanter Auswüchse der Volksjustiz will ich 
noch gedenken. So der Steinigung des Boten Simon, den man 
— wohl unbegründet — für einen Verräter hielt. Nachdem er 
im Vorjahr mit knapper Not dem Verderben entronnen, wurde er 
1611 sammt seinem Weihe von den Handwerksbuben tot geworfen 
„ohne Barmherzigkeit, wie ein toller, rasender Hund!” Der Rat 
wähnte. der Gerechtigkeit Genügye geleistet zu haben. da er einige 
1 s. Verfahren, 533, (1411.
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.