Volltext: Geschichte der Stadt Nürnberg von dem ersten urkundlichen Nachweis ihres Bestehens bis auf die neueste Zeit

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Im 17. und 18. Jahrhundert geschah nicht wenig für Kirchen— 
musik, musikalische Andachten, Passionsmusiken, Festgesänge und Kirch— 
weihkantaten, geistliche Singspiele u. s. w., wozu die Texte gewöhnlich 
gedruckt wurden. Hervorragend waren die Passionsoratorien in der 
Karthäuserkirche. Auf einige bedeutende Komponistennamen kommen 
wir unten noch zurück. Von den Chorgesangbüchern haben sich nur 
höchst dürftige Reste erhalten, wie auch nur hier und da eine zer⸗ 
brochene Baßgeige, eine Posaune, ein Paar Kesselpauken an die ehe— 
malige reiche Ausstattung der Kirchen mit musikalischen Instrumenten 
erinnern. Das sog. Chorläuten, das noch heute täglich in einigen 
Kirchen Nürnbergs im Sommer um 8, im Winter um 9 Uhr Morgens 
stattfindet, ist als die einzige Erinnerung an den alten Frühchor, den 
man um diese Zeit zusammenzuläuten pflegte, übrig geblieben. Fragt 
man aber den Mesner, worauf dieser oder jener Brauch, dieses oder 
jenes Gerät in den Kirchen zurückzuführen sei, so antwortet er „das 
stammt noch Alles aus der katholischen Zeit.“ So ist die Erinnerung 
an den prunkvollen evangelischen Kultus der früheren Jahrhunderte 
dem Gedächtnis der Jetztlebenden entschwunden. 
Indessen auch der spezifisch protestantische Kirchenliedergesang hat 
in Nürnberg seine reiche Pflege gefunden. Bereits in den zwanziger 
Jahren erschienen eine Anzahl deutscher Gesangbüchlein und Kirchen— 
lieder in Nürnberg, darunter auch das berühmte „Warum betrübst 
du dich, mein Herz“ und einige andere von Hans Sachs. Johannes 
Poliander war der Dichter des edlen Liedes „Nun lob, mein Seel, 
den Herren,“ Spengler des bekannten „Durch Adams Fall ist ganz 
verderbt.“ Später wurde die Zahl der geistlichen Liederbücher in 
Nürnberg Legion. Die von katholischen Beurteilern gemachte Be— 
merkung trifft auch hier zu, daß durch Luthers und der Reformatoren 
Lieder weit mehr Ketzer gemacht worden seien, als durch ihre Predigten. 
Aber auch die Predigt und die Lehre des Wortes Gottes wurden über 
der reichhaltigen äußeren musikalischen und liturgischen Ausgestaltung 
des Gottesdienstes nicht vernachlässigt. Dies zeigt schon die Thatsache, 
daß der Brandenburgisch-Nürnbergischen Kirchenordnung bereits in 
ihrer ältesten Gestalt ein „Katechismus“ oder sog. „Kinderpredigten“ 
angehängt wurden, als deren Verfasser wohl Osiander und Schleupner 
anzusehen sind. Diese Predigten wurden in der Kirche „vor der ge— 
meinen Jugend“ sowohl an Sonn⸗ und Feiertagen als auch an einem 
bestimmten Wochentage nach dem sog. Vesperchor (also Nachmittags) vor— 
gelesen, wozu man ein Zeichen mit der großen Glocke zu geben pflegte, 
damit die Jugend aus der Schule entlassen und von ihren Lehrern in 
die Kirche geführt werde. Seit 1558 wurden dann die Kinder selbst,
	        
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