Volltext: Kaspar Hauser

16 
Beine nicht aus, konnte sie sogar ohne Schmerz nicht aus— 
strecken, sondern faltete sie unter sich, wie ein Schneider, 
schlief auch gekrümmt auf der Erde und zog die Beine hinauf, 
wodurch Osterhausens Beobachtung wertlos wird. Auch lernte 
er in auffallend kurzer Zeit zu Pferde sitzen, was bei der 
bisherigen Eingeschränktheit seiner Bewegungen ganz merk— 
würdig erscheint. Gegen das helle Licht war er empfindlich, 
wurde aber davon nicht sehr geblendet, nach Blümer sogar 
vom Taglicht, das ihm doch am meisten hätte zuwider sein 
müssen, gar nicht. Nach Wüsts Angabe hielt er es beim 
Schreiben in der Nähe eines großen Lichtes aus. Jedenfalls 
befand er sich nach sehr kurzer Zeit im normalen Gebrauche 
seiner Augen und wurde von dem ihm angeblich bisher 
fremden Sonnenlicht nicht belästigt. Daß er auch die Hände 
zu gebrauchen verstand, beweist das Herausziehen des Briefes 
aus der Tasche, das Abnehmen des Hutes, das Erfassen und 
Eintauchen der Feder u. a. Hausers körperliche Entwickelung 
war keineswegs so sehr gehemmt, wie sie nach einer derartigen 
Einkerkerung hätte sein müssen. 
Noch viel weniger aber war dies betreffs seiner geistigen 
Entwickelung der Fall. Er stellte sich zwar kindisch und 
unwissend an, wußte aber offenbar Menschen von anderen 
Gegenständen zu unterscheiden, war ihnen gegenüber weder 
besonders furchtsam noch neugierig noch stumpfsinnig. Sehr 
auffallend ist sein Sprachvermögen, über das allerdings 
die Aussagen vielfach auseinander gehen. Ein Mensch in 
seiner Lage, der außer vielleicht in seiner frühesten Kindheit 
keinen andren Menschen reden gehört, ja am Ende gar keine 
lauten Töne vernommen hat, vermag in der ersten Zeit, da 
ihm Unterricht im Sprechen gegeben wird, nur unartikulierte 
Töne herauszustoßen und lernt ganz allmählig erst deutliche 
Worte und anfangs nur sehr leichte, wie „Mama, Papa, 
Wauwau“ hervorzubringen. Nach Feuerbach verfügte er
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.