Volltext: Albert Dürer

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Ein heller Moment in Dürer's Leben ist es, wo die Sonnennähe 
des beglückten Jünglings, die Bekanntschaft mit dem göttlichen Raphael, 
wie ein heiterer Strahl in sein ernstes, von Anstrengung und Mühe er— 
fülltes Dasein fällt. Daß unser Dürer von ihm verstanden, von ihm 
nach seinem ganzen Werthe erkannt und hochverehrt worden, das wiegt 
die ganze Welt von Entbehrungen auf, die ihm zugemessen war, das ist 
mehr als Alles, was sonst seine Zeitgenossen ihm bieten konnten. Sicher— 
lich hatten die Holzschnitte und Kupferstiche Dürer's, welche zahlreich über 
die Alpen wanderten, schon die Aufmerksamkeit Raphael's auf Dürer's 
Kunstthätigkeit gelenkt, als dieser ihm zum Beweise hoher Verehrung ge— 
legentlich sein eigenes Bildniß, in Wasserfarben, mit aller der, nur 
Dürer's Handgeschicklichkeit möglichen, fast unbegreiflichen Feinheit auf 
einen klaren, durchsichtigen Stoff gemalt, zum Geschenk übersandte. 
Raphael nahm die Gabe mit höchster Werthschätzung auf, wie sie es ver— 
diente, und vermachte sie in seinem Testamente seinem Lieblingsschüler 
Giulio Romano, aus dessen Nachlaß sie leider spurlos verschwand. Als 
Gegengabe aber sandte ihm Raphael mehrere Zeichnungen, deren eine 
wenigstens ein glücklicher Zufall uns bis auf den heutigen Tag in der 
berühmten Albertina zu Wien erhalten. Es sind zwei nackte Männer— 
studien, sogenannte Acte, zu den Hauptfiguren der Landung der Sara⸗ 
zenen in Ostia, einer der großen Fresken in den vaticanischen Stanzen. 
Mit einem ehrfürchtigen Gefühle lesen wir die Inschrift dieses Blattes 
von Dürer's eigener Hand: „1515. Raphael von Urbin, der so hoch 
beim Papst geachtt ist gewest, der hat diese nakete Bilde gemacht, und hat 
sie dem Albrecht Dürer gen Nürnberg geschickt, ihm sein Hand zu weisen.“ 
Aber was noch mehr bedeuten will, als diese freundliche Berührung 
zweier der größten Künstler ihrer Zeit, der maßgebende Einfluß Dürer's, 
des deutschen Meisters, auf den großen Urbinaten ist zweifellos nach— 
zuweisen. Jene beiden herrlichen Apostelgestalten, der wundervolle Pau— 
lus, an dem „jeder Zoll ein Paulus,“ und der koͤstliche, wehrhafte 
Thomas, die großartigsten von allen seinen Aposteln, welche Dürer im 
Jahre 1513 gestochen, sie ohne Zweifel sind es gewesen, welche Raphael 
bewogen haben, seine Reihefolge der zwölf Apostel zu zeichnen und von 
Marc Antonio stechen zu lassen, überhaupt aber ein vollständiges Atelier 
für Kupferstich einzurichten, welchem er seinen vertrauten Diener Baviera 
als Drucker und zugleich als Vermittler für den kaufmännischen Vertrieb
	        
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