Volltext: Stenographischer Bericht der 34ten Generalversammlung Deutscher Müller und Mühlen-Interessenten zu Nürnberg vom 17. bis 20. Juni 1906 (34. (1906))

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die Vorstände der Zweigverbände kräftig und eifrig für das Wohl der 
deutschen Müllerei jederzeit eingetreten sind und daß wir wohl hoffen 
dürfen, eine, wenn auch nur langsame, aber doch entschiedene Besserung 
der Verhältnisse der deutschen Müllerei zu erreichen. GBravo!) 
Herr Vorsitzender van den Wiyngaert: Wuͤnscht jemand das 
Wort? — Es ist nicht der Fall. 
Dann gehen wir zum dritten Punkt unserer Tagesordnung über: 
HYerkßaufsvereinigungen, Syndikatle und Fustonen in der 
Müllerei. Ich erteile als Referenten das Wort Herrn Thiem-Greifen— 
hagen. 
Herr Thiem-Greifenhagen, Berichterstatter: M. H.! Seit unge— 
fähr 15 Jahren führen die deuktschen Klein- und Mittelmüller einen sast 
vergeblichen und aussichtslosen Kampf um ihre Existenz; tausende von 
Kleinbetrieben haben bereits ihren Untergang gefunden. Nach der Statistik 
der Müllereiberufssgenossenschaft sind in zehn Jahren bis 1904 von 
39 000 Betrieben ungefähr 8400 Betriebe eingegangen. Weitere tau— 
sende fristen nur kümmerlich ihr Dasein und mühen sich ab im frucht— 
losen Ringen, um dann schließlich unter dem Ansturm der übermächtigen 
Konkurrenz allmählich zu verbluten und zu unterliegen. 
Diese traurige Lage der deutschen Klein- und Mittelmüllerei ist, wie 
wir alle wissen, hervorgerufen durch die verderbliche und für das Allge— 
meinwohl gefährliche Entwicklung, welche die deutsche Großmüllerei seit 
zwei Jahrzehnten genommen hat. Riesenbetriebe mit 200, 400 und 
sogar 600 Tonnen täglicher Getreidevermahlung werden errichtet, und 
tausende von kleineren Existenzen werden dagegen vernichtet und zugrunde 
gerichtet. Als eine gesunde Entwicklung der deutschen Mühlenindustrie 
kann man dies sicherlich nicht bezeichnen: denn nicht etwa der gesteigerte 
Verbrauch der Bevölkerung Deutschlands oder eine größere Ausfuhr von 
Mühlenfabrikaten nach dem Auslande erfordern eine unverhältnismäßige 
Vergrößerung und Vermehrung der Betriebe, sondern lediglich die Sucht 
der Großmühlen, alle anderen zu überflügeln und dadurch sich zu be— 
reichern, wenn auch hunderte und tausende kleinere existenzberechtigte 
Betriebe hierdurch zum Stillstande verurteilt werden, ist die Ursache dieser 
ungesunden Entwicklung in der deutschen Müllerei. 
Diese Großmühlensucht, so kann man sie ruhig bezeichnen, richtet 
aber nicht nur zahlreiche bisher steuerkräftige und schaffenssfreudige Staats— 
bürger zugrunde, sondern bildet auch in Kriegszeiten eine ernste Gefahr 
für die Volksernährung insofern, als schließlich nach Vernichtung weiterer 
tausende und zehntausende von Mühlenbetrieben die Versorgung der Be— 
völkerung mit Mehl von der Aufrechterhaltung der Betriebe weniger hun— 
derte von Großbetrieben abhängig wird. 
Gegenüber diesen unhaltbaren Mißständen im Mühlengewerbe genügt 
es nicht, immer wieder in unseren Generalversammlungen, wie dies nun 
schon seit mehr als zehn Jahren geschehen ist, uns in lauten Klagen über 
den Niedergang des Mühlengewerbes zu ergehen und nach Staatshilfe 
zu rufen, sondern wir müssen uns vor allen Dingen auf unsere eigene 
Kraft besinnen und zur gemeinschaftlichen Abwendung der Gefahr ver—
	        
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