Volltext: Zu Nürnberg

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fähig, Sie können übereilt, unüberlegt gehandelt haben, aber 
— bis dahin und nicht weiter!“ 
„Gut denn. — Mein Vater hörte seiner Feit von der 
unerwarteten Wendung meiner Angelegenheiten und nahm mich 
wieder in Gnaden an. Die Versöhnung that mir wohl, aber 
sie heilte mich mit nichten von dem tiefen Gemütsleiden, das 
sich meiner bemächtigt hatte! Von der abgestumpften Gleich— 
giltigkeit konnte ich unvermittelt in die unbeschreiblichste Nerven— 
exaltation überschlagen. — Ich drohte Neurhasteniker zu werden. 
Unser alter Hausarzt schlug außer einer Dosis „Acconit und 
Belladonna“ eine große, ausgedehnte Reise vor, um meine Ge— 
danken in ganz andere Bahnen zu lenken. Es wurde gepackt. 
Mein Vater sandte mich über Holland nach England. Das 
Reisen verfehlte denn auch nicht seine günstige Wirkung. Wirk— 
liche Freude empfand ich zwar an gar nichts mehr, aber wenigstens 
vermochten die vielen neuen Eindrücke meine Aufmerksamkeit 
und damit meinen Gedankengang zu fesseln. In Swansea lernte 
ich eine kleine Beamtenfamilie kennen, mit drei heiratsfähigen 
Töchtern, deren AÄußeres ich jedoch kaum der Besichtigung unter— 
zog. Acht Tage verlebte ich in ihrem Kreise, dann führte mich 
meine vorgezeichnete Reisetour wieder weiter. 
Auch diese Reise nahte ihrem Ende; ich war des Reisens 
bereits überdrüssig und sehnte mich nach Hause. Hier ging der 
alte Schlendrian des Tiefsinnes bald von Neuem an. Meine 
Eltern waren in heller Verzweiflung, verwünschten Weber und 
seine Silvana! — 
Wieder verordnete der alte Mediziner „Acconit und Bella— 
donna“ — diesmal ein anderes Radikalmittel daneben. „Ver— 
heiraten Sie ihn, sobald als möglich!“ 
„Eberhard, Du sollst heiraten“, sprach eines Tages mein Vater. 
„Heiraten? Meinetwegen! Wen denn?“ 
„Von mir aus auch die kleine Bessy in Swansea.“ 
Es war mir Alles total gleichgiltig. Die Geschwister be— 
gannen mich zu necken, ich hätte mich wohl da in irgend eine
	        
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