1592
Zeitgenossen zu vernichten suchte, wie in dem „Heldengedicht“
„Die Nuß, oder Gnißel“, das eingebettet in die „Die Ganze Aesthetik
in einer Nuß, in ein Nüßchen gebracht; oder Nachlese der Neo-
logie“ (1755) das aufleuchtende Gestirn Lessings zu verdunkeln
bezweckte. Schönaich hat bei seinem Ritt durch das Blütenfeld
deutscher Stilistix Hans Sachs gegen Haller und Bodmer ausge-
spielt. Der „unsterbliche Schuster zu Nürnberg“, der „einfältige
Sachs“, wird wieder einmal von einem Stümper als Kehrbesen be-
nutzt.! Nur ein Beispiel, wie Schönaich den alten Meistersänger
einführt (Gnißel S. 84): „Hans Sachs kam, und suchte Hallern:
„Hans Sachs, der Schuster, der uns manchmal die Schuhe versoolet ;
ler Schuster kam und suchte den Amman; nennte ihn seinen
Meistersinger; und zwar darum: weil ihm einmale das Hans-
sachsische Gerechtigkeit, Gnad und entfahren war“. Daß Schönaich
Werke Hans Sachsens wirklich näher gekannt habe, kann aus den
Allgemeinheiten, die er an Hans Sachsens Namen knüpft, natürlich
nicht erschlossen werden.
Allein während Schönaich noch gegen die Schweizer und
was darnach aussah zu Felde zog, hatte bereits in Leipzig selbst
Christian Felix Weiße den literarischen Zwiespalt für seine drama-
ische Muse ausgeschrotet. Ursprünglich ein Anhänger Gottscheds
— er gehörte dessen deutscher Rednergesellschaft an? — zog er
sich durch die Art seiner poetischen Tätigkeit das Mißfallen des
Leipziger Unfehlbaren zu. Er war keine streitfeste Natur wie der
ihm befreundete Lessing und suchte sich gerne zwischen .den
literarischen Gegnern durchzuwinden. Und doch konnte er der Ver-
suchung nicht widerstehen, in dem Lustspiel „Die Poeten nach der
Mode“ 3 (1751) Gottschedianer und Schweizer zu striegeln. Daß
Hans Sachs dabei wieder den Maßstab für die Beurteilung abgeben
| Man vgl. in der von Albert Köster trefflich besorgten Neuausgabe
der „Aesthetik in einer Nuß“ (1754) (Deutsche Litteraturdenkmale, hg. von
A. Sauer, Nr. 70—81, Berlin, 1900) $S. 17, 27, 58, 358 („und“ am Vers-
schluß in der gleichen Stelle, die im „Gnißel“ angeführt wird), 542; ferner
Franz Muncker, Lessings persönliches und litterarisches Verhältnis zu
Klopstock, Frankfurt a. M., 1880, S. 53 ff., Erich Schmidt, Lessing, 1. Bd.,
2. A., Berlin, 1899, S. 247—249, Waniek, Gottsched, S. 559—611.
2 Jakob Minor, Christian Felix Weiße und seine Beziehungen zur
leutschen Literatur des achtzehnten Jahrh., Innsbruck, 1880, S. 12 ff.
3 Vgl. Minor a. a. O0. S. 90—95,