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EINLEITUNG.
druck eines Alpenpanoramas beschreibt, wie wenig fehlt ihm
von der Anschaulichkeit, mit welcher Apollonius Rhodius (Arg. I,
1103 ff.) den Ausblick der Argonauten auf den Dindymon oder
die Fernsicht vom Olymp (Arg. III, 164 ff.) vor unsern Augen
eröffnet oder Silius Italicus (Pun. IV, 348 ff. III, 477 ff.) die
Felsenschluchten Italiens und die grofsartigen Gebirgsmassen
der Alpen dem Leser vor Augen führt. Ihnen schliefsen sich
an Fazio degli Uberti in seiner gereimten Kosmographie und
am würdigsten Enea Silvio (Pius II) mit seinen in den Kommen-
tarien zerstreuten feinsinnigen Schilderungen, in denen sich der
Sinn für Naturschönheit sogar zum Enthusiasmus steigert *.
Indessen bleiben die Humanisten bei der Beschreibung und
Bewunderung der Natur nicht stehen; sie schreiten weiter und
betrachten die Werke von Menschenhand, zunächst die Denk-
mäler des ehrwürdigen Altertums. Denn nichts lag ihnen
näher als das, wovon die Steine redeten. Die alten Tempel,
Paläste, Triumphbogen der ewigen Stadt verlangten mit dem-
selben Recht wie die Natur, dem Dunkel der Vergessenheit
entrissen zu werden. Wieder war unter den ersten Petrarca,
diesmal im Bunde mit Cola di Rienzo, nach ihnen Poggio und
Biondo, welche ‘die Herrlichkeit des alten Rom wieder auf-
richteten’?, Aber Petrarca hat mehr gethan, als die Genossen
und Nachfolger: diese durchwanderten die Stadt und schrieben
in ihren Berichten, was sie gesehen und gelesen, in mehr oder
minder gutem Latein, in schlichter Prosa für die Nachwelt
nieder. Damit begnügte sich jener nicht: seine Klage um die
Trümmer der Hauptstadt der Welt ist zugleich eine schwung-
1) Enea Silvio Comm. IV, 8. 183: Frühling; V, S. 251:
Sommer in Tibur; VINM, S. 388: See von Bolsena; IX, S. 396:
Monte Amiata; X, S.497: Aussicht von Todi. Vgl. Burckhardt,
Die Kultur der Renaiss.* 2, 8. 21 ff.
?) Petrarca hauptsächlich in seinen Briefen, vgl. G. Voigt,
Wiederbelebung des klassischen Altertums? 1, S. 50 ff. Cola
di Rienzo, Deseript. urbis Romae (1344—1347): Somit steht
Cola di Rienzo als Begründer eines wichtigen Zweiges der
Altertumswissenschaft da,‘ die noch heute in ihrer Blüte sein
Verdienst anerkennt; Poggio, Ruinarum urbis Romae descriptio
(1430); Biondo, Roma instaurata (1447); Italia illustrata (1459):
Roma triumphans (1460).