64
Neuntes Kapitel
alten Meisters Dürer unter der Feste, denn nicht im Hause
seines Schwähers wollte Albrecht sein Heim begründen, wie es
sonst wohl Brauch war, sondern unter einem Dach mit seinen
Eltern wollte er wohnen, um dem bejahrten, schon recht ge—
brechlich gewordenen Vater allezeit nahe zu sein und seine Sohns—
pflicht an ihm desto besser erfüllen zu können.
Es war eng in dem Haus unter der Feste, und der alte
Dürer sah seine Sohnsfrau ängstlich fragend an, ob sie, die
Verwöhnte, sich in der bescheidenen Häuslichkeit gefallen werde.
Die Sorge war unbegründet: für Frau Agnes war auch in
dem engen Stüblein Raums genug an der Seite des Mannes,
in dessen Besitz sie unaussprechlich glücklich war.
Keuntes Rapitel.
Im heiligen Ehestand.
Der Abendsonnenschein eines klaren Apriltages goß seine
Purpurglut über die Werkstatt Albrecht Dürers. Der Meister
saß an einem großen Gemälde und schaffte an demselben mit
einer Hast, daß ihm der Schweiß in großen Tropfen auf der
Stirn stand.
Da pochte es an die Thür, und etwas unmutig über die
Störung wandte der Maler das Gesicht von seiner Arbeit hin—
weg. Alsbald aber nahm es wieder den freundlichen Ausdruck
an, als er in dem Ankömmling seinen alten Lehrmeister
erkannte.
„So spät noch treffe ich Euch mit der Palette?“ fragte
Wolgemut. „Schonet Eurer Augen!“