Full text: Albrecht Dürer

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Neuntes Kapitel. 
hat mir doch der gütige Gott allezeit gegeben, was not war, 
daß ich keinen Mangel gelitten.“ 
„Wie ergehet es Eurem Vater?“ fragte Wolgemut teilneh— 
mend. „Zu mir kam das Gerücht, daß er siech daniederliege.“ 
Dürer nickte. „Schon seit fünf Tagen hütet er das Bett. 
Der Greis von achtundsechzig Jahren ist recht schwach geworden 
und mag nur noch wenig in der Werkstatt schaffen. Seine 
Augen sind dunkel geworden und seine Hände zittern. Der 
Andreas, mein Bruder, ist sich meistens selbst überlassen, doch 
ist er ein wackerer Knabe und hat in des Vaters Lehre etwas 
Rechtes gelernt. — Gott sei gebenedeiet, daß er mir meine 
Agnes bescheret! Sie stehet der Mutter in des Kranken War— 
tung treulich zur Seite und pfleget des Greises, als wär's ihr 
leiblicher Vater.“ 
„Ja, auch des freue ich mich von Herzen“, fiel Wolgemut 
ein, „daß Euch ein solcher Schatz geschenket worden. Haltet sie 
in Ehren!“ 
„Solche Mahnung ist nicht not“, versetzte Dürer lächelnd, 
„maßen ich am besten weiß, welch ein Kleinod mir geworden.“ 
Wolgemut trat jetzt der Staffelei näher und unterzog das 
Gemälde einer eingehenden Beurteilung, dann setzte er hinzu: 
„Also zu dem Fest wollt Ihr es auf den Markt bringen? So 
müsset Ihr Euch allerdings eilen, denn schon sahe ich einen 
Haufen fahrend Volk, so zu der Feier herzuströmet.“ 
Es galt die Ausstellung der Reichskleinodien, welche die 
Stadt Nürnberg, das Herz von Deutschland, aufzubewahren 
die Ehre hatte. Alljährlich in der Frühlingszeit wurden die— 
selben dem Volk zur Schau dargeboten, und seit den Tagen 
König Sigismunds war mit dieser Darbietung ein großer Jahr— 
markt verbunden, der so viel Volks von allen Seiten herbeizog, 
daß es in den Herbergen enge ward.
	        
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