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keine Ausschweifung duldete, beförderte eben darum die rechtmäßigen Ehen.
Für die junge Generation, welche dies Lager zum Vaterland hatte, waren
ordentliche Feldschulen errichtet und eine treffliche Zucht von Kriegern
darausgezogen, daß die Armeen bei einem langwierigen Kriege sich durch
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Nationen jeden Landstrich aushungerten, auf dem sie verweilten und die
Bedürfnisse des Lebens durch diesen entbehrlichen Troß übermäßig im
Preise gesteigert wurden. Alle Mühlen um Nürnberg reichten nicht aus, das
Korn zu mahlen, das jeder Tag verschlang und 50 000 Pfo. Brot, welche die
Stadt täglich ins Lager lieferte, reizten den Hunger bloß, ohne ihn zu
befriedigen. Die wirklich bewundernswerte Sorgfalt des Nürnberger
Magistrats konnte nicht verhindern, daß nicht ein großer Theil der Pferde
aus Mangel an Fütterung umfiel, und die zunehmende Wut der Seuchen
mit iedem Tag über 100 Menschen ins Grab senkte.
Dieser Noth ein Ende zu machen, verließ endlich Gustav Adolph,
voll Zuversicht auf seine überlegene Macht, am 55. Tage seine Linien,
zeigte sich in voller Bataille dem Feind, und ließ von 3 Batterien, welche
am Ufer der Rednitz errichtet wurden, das Friedländische Lager beschießen.
Aber unbeweglich stand der Herzog in seinen Verschanzungen und begnügte
sich, diese Aufforderung durch das Feuer der Musketen von ferne zu
beantworten. Den König durch Unthätigkeit aufzureiben und durch die
Nacht des Hungers seine Beharrlichkeit zu besiegen, war sein überlegter
Entschluß, und keine Vorstellung Naximilians, keine Ungeduld der Armee,
kein Spott des Feindes konnte diesen Vorsatz erschüttern. In seiner
Hoffnung getäuscht und von der wachsenden Noth gedrungen, wagte sich
Gustav Adolf nun in das Unmögliche und der Entschluß wurde gefaßt,
das durch Natur und Kunst gleich unbezwingliche Cager zu stürmen.
Nachdem das seinige dem Schutze der Nuͤrnbergischen Miliz übergeben,
rückte er am Bartholomäustage, dem 58., seitdem die Armee ihre Ver—
schanzungen bezogen, in voller Schlachtordnung heraus und passierte die
Rednitz bei Fürth, wo er die feindlichen Vorposten mit leichter Mühe zum
Weichen brachte. Auf den steilen Unhöhen zwischen der Biber und Rednitz,
die Alte Veste und Altenbers genannt, stand die Hauptmacht des Feindes
und das Lager selbst, von diesen Hügeln beherrscht, breitete sich unabsehbar
durch das Gefielde. Die ganze Stärke des Geschützes war auf diesen
Hügeln versammelt. Tiefe Gräben umschlossen unersteigliche Schanzen,
dichte Verhaue und stachelige Pallisaden verrammelten die Hugänse zu
dem steil anlaufenden Berge, von dessen Gipfel Wallenstein, ruhig und
sicher wie ein Gott, durch schwarze Rauchwolken seine Blitze versendete.
Hinter den Brustwehren lauerte der Musketen tückisches Feuer und ein
gewisser Tod blickte aus 100 offenen Kanonenschlünden dem verwegenen
Stürmer entgegen. Auf diesen gefahrvollen Posten richtete Gustav Adolph
den Angriff und 300 Musketiere, durch weniges Fußvolk unterstützt (nehrere
zugleich konnten auf dem engen Kampfboden nicht zum Fechten kommen),
hatten den unbeneideten Vorzug, sich zuerst in den offenen Rachen des
Todes zu werfen. Wütend war der Andrang, der Widerstand fürchterlich;
der ganzen Wut des feindlichen Geschützes ohne Brustwehr dahingegeben,