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brechbare Stunde, bei Tage und bei Nacht, benukte er, um
„Dettelbriefe“ wie er e& nannte, für feine armen Sfterreichifchen
Slaubensbrüder, nach Augsburg, Straßburg, Frankfurt, Ber
lin, nad) dem guten Württemberger Lande, nach der Schweiz,
Holland, Dänemark, Rußland, England, ja nach Amerika zu
fchreiben, während er bei feinen Nürnbergifchen Freunden und
Mitbürgern feine Werbungen meiftens mündlich anbrachte. Da
firahlte denn freilich eine wahre Himmelsfreude aus feinem liebe:
vollen Sefichte, wenn er oftmals wieder eine fo bedeutende Gabe
mit auf feine Neife zum Vertheilen nehmen Fonnte.
Die Summen, welche auf feine Briefe, worin er den
Zuftand feiner Defterreicher mit der Lebendigkeit eines innig lie:
benden Herzens darftellte, von allen Seiten her eingingen,
waren Sfters über Erwarten. Darum Fonnte er auch die neu er
wachten evangelifchen Gemeinden durch ganz Defterreich, Steyerz
marf, SKärnthen bis nach Ungarn bin fo Fräftig unterftüßen,
daß allein das, was an Geld und Büchern durch die Hände
des nun verfforbenen Senior Dberbek ging, welcher zuerft in
Kärnthen, dann im Salzkammergute Defterreichs angeftellt war,
nach dem geringften Anfchlage über 4000 fl. betrug. Manche
Semeinde, z. B. die Kemmattner im Traunviertel, hat es oft
laut und dankbar bekannt, daß fie ohne KießlingsS großmliz
thige und reichliche Unterftüßung nicht im Stande gewefen wäre
fich zu bilden, und die Gemeinde Dberfchüßen (?) in Dberungarn
hat dem Namen ihres Wohlthäters, dem fie ihr neues Aufftehen
ganz verdankte, ein einfaches, gutgemeintes Denkmal gefebt.
Da war nun auch der fehon oben erwähnte Bücherhandel
unfers Seligen recht an feinem Orte. Taufende von Bibeln,
befonders von neuen Teftamenten, gingen an die neuen Gemein:
ven ab, und wurden unter Ddiefe, größtentheils ganz unentgeltlich
vertheilt, fo daß bald Schulen und Familien damit verforgt was
ren. UÜeberdies Famen ihm bei feiner wohlmollenden SefchäftigFeit
auch feine übrigen Handelsverbindungen und Kenntniffe gar be=
fonders wohl zu flatten, denn da traf er immer Anftalten, das,
woran e8 in den Kirchen noch etwa fehlte, z. B. Orgeln, aufs