Volltext: Kaspar Hauser

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bewährt, und manche Schlußfolgerungen in seinem der 
Königin-Wittwe Karoline von Bayern gewidmeten Memoire 
imponiren durch Scharfsinn und Klarheit. Aber auch der 
schärfste Denker kann irren, zumal wenn er von falschen 
Voraussetzungen befangen ist. Feuerbachs Irrtum liegt nicht 
in den Folgerungen, sondern in den Prämissen. Er schenkte 
den Aussagen Hausers allzuschnell Glanben und vollzog die 
Untersuchung unter ihrer vorausgesetzten Untrüglichkeit. Der— 
artige schnelle Annahmen noch nicht erwiesener Thatsachen 
führt aber häufig zu den bedenklichsten Irrtümern. Ich 
erinnere an den Prozeß, den die angebliche Ermordung des 
Fualdes in Rhodez im Jahre 1817 hervorrief. Richter, 
Zeugen und leider auch der größte Teil der Angeklagten 
setzten die Abschlachtung des alten Mannes in der Küche 
des Bancalschen Hauses als feststehend voraus, und da die 
ganze Verhandlung unter diesem Gesichtspunkte geführt wurde, 
konnte das Bluturteil und damit aller Wahrscheinlichkeit nach 
ein schrecklicher Justizmord zustande kommen. Soll man 
darum die sämmtlichen beteiligten Richter und Geschworenen 
für Betrüger und Narren erklären? Sie irrten sich in der 
Voraussetzung, und dasselbe thaten nach meinem Dafürhalten 
Feuerbach und Genossen in der Hauserfrage. Feuerbach 
wurde in seiner Annahme von Hausers badischem Prinzen— 
tume protegiert vom bayerischen Hofe, einem Hofe, der wegen 
der Frage der Pfalz ein gewisses Interesse daran hatte, 
Baden Unannehmlichkeiten zu bereiten. Ich bin weit davon 
entfernt, ihn für einen Fürstendiener zu erklären; doch ist 
nicht undenkbar, daß die von München aus ihm bezeugte 
Gunst ihn ermutigt hat, den einmal betretenen Weg weiter 
zu verfolgen. Schließlich aber wurde er selbst an der vor— 
gefaßten Meinung irre, wie deutlich aus seiner Korrespondenz 
mit dem Polizeirat Eberhardt in Gotha erhellt. Der ihm 
nahestehende Gensdarmerielieutenant Hickel in Ansbach, dem
	        
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