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eröffnete er den ersten Reichstag, dessen Aufgabe darin bestand,
dem neugegründeten Bunde im Vereine mit dem König und den
verbündelen Regierungen eine Verfassung zu geben. Schon am
15. April war das Werk vollendet; Norddeutschland war zu einem
festgeschlossenen Ganzen vereinigt, und ruhig durfte man der
Zukunft entgegensehen in dem Vertrauen, daß sie Gelegenheit
geben werde, auch den süddeutschen Brüdern die Hand zum
Bunde zu reichen. Ein Bund des Friedens sollte der neuge—
schaffene Bund sein, nur zur Abwehr, nicht zum Angriff gerüstet.
Die Reisen, welche der König in den nun folgenden Friedens⸗
jahren nach den neuerworbenen Ländern und nach Süddeutschland
unternahm, hatten die erfreuliche Wirkung, das, was das preußische
Schwert erkämpft hatte, ihm auch innerlich zu erwerben. Denn
uberall, wohin er kam, gewann ihm sein schlichtes, leutseliges und
zugleich hoheitsvolles Auftreten die Herzen der Bevölkerung. So
besuchte er noch im Jahre 1867 die Insel Mainau und den
Stammsitz seines Geschlechts, die Burg Hohenzollern, deren Ausbau
demals vollendet wurde, sodann begrüßte er in Augsburg den
jugendlichen König von Bayern, Ludwig II., und besuchte auf
der Heimreise Nürnberg, die Stadt, wo vor Zeiten seine Urahnen
kraftvoll und hochangesehen das Burggrafenamt verwaltet hatten,
ehe sie, der weltgeschichtlichen Bestimmung des Hohenzollernhauses
folgend, nach der brandenburgischen Mark zogen. Im nächsten
Jahre wohnte er am 28. Juni in Worms der feierlichen Ent—
hüllung des Lutherdenkmals bei; hierauf begab er sich nach
Bonn, um an der Jubelfeier des fünfzigjährigen Bestehens
der dortigen Universität teilzunehmen. Zuletzt führte ihn seine
Reise nach Hannover, Hamburg und Kiel, wo er von der aus
nah und fern zusammengeströmten Bevölkerung mit hellem Jubel
empfangen wurde. Und derselbe warme und herzliche Empfang
wurde ihm bereitet, als er im Jahre 1869 zum zweiten Male
die schöne Hauptstadt der Provinz Hannover und die freie Stadt
Bremen mit seinem Besuche beehrte.
Einer Einladung des Kaisers Napoleon folgend, hatte er
bereits im Sommer 1867 die große Industrieausstellung in Paris
besucht, wo damals viele europäische Fürsten als Gäste des
glänzenden kaiserlichen Hofes verweilten. Mit Stolz sahen die