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wird. Galt cs dann, die mit dem grössten Fleissce ausgeführten,
eigentlich schon vollendeten Studien in bunte Farben zu kleiden,
so fehlte der frische Sinn, der Reiz des unmittelbaren Schaffens.
Man muss Rembrandts scheinbar so flüchtig hingeworfene, wie
gekleckste Skizzen mit den Dürerschen Studien vergleichen, um
zu erkennen, wie ein Künstler vorgeht, der nur in Farben denkt.
Das hat Dürer niemals gethan. Bei ihm macht die Farbe gewöhn-
lich den Eindruck einer nachträglichen Zuthat. Dürer empfand
ganz richtig diese schwache Seite seiner Künstlernatur und gestand
später selbst die Unzulänglichkeit seiner Malweise in den jüngeren
Tahren freimütig ein.
Zunächst freilich suchte er seinen Ehrgeiz darin, auch als Maler
zu glänzen. In dasselbe Jahr 1504, welchem die Weihnachten,
Adam und Eva, die grüne Passion entstammen, fällt noch das beste
Tafelbild, welches er in dieser ganzen Zeit geschaffen hat; die An-
betung der Könige, jetzt in der Tribuna zu Florenz. Während die
älteren Altärce und Tafeln gewöhnlich mit Hilfe der Gesellen aus-
geführt wurden — auch der sogenannte Paumgärtnersche Altar in
München, mit der Geburt Christi als Mittelbild und je einem Reissigen
neben seinem Rosse auf den Flügeln, zeigt solche Spuren —, ist
die Anbetung der Könige eine eigenhändige Arbeit. Die heilige
Familie hat sich auch hier in den Ruinen eines älteren hoch-
gelegenen Baues niedergelassen. Links sitzt die blonde Maria
mit dem Christuskinde auf dem Schosse, welches die Gabe des
ältesten vor ihm knicenden Königs freundlich entgegennimmt. Der
zweite König, in der Kopftracht sichtlich an das (schlecht erhaltene)
Sclbstbildnis Dürers in München erinnernd und dadurch die Zeit
des letzteren bestimmend, und der Mohr stehen mit Goldgefässen
daneben; ein Mohrenknabe, gleichfalls mit Geschenken beladen,
steigt die obersten Stufen einer Treppe empor. Weiter zurück,
wo ein Thorbogen das Gehöft abschliesst, tummelt das Gefolge
der Könige die Rosse, im Hintergrunde endlich erhebt sich auf
steilem Felsen eine Burg. Wie die Komposition einzelne ältere
Motive anklingen lässt, so ist auch die Malweise noch die feine,
dünnflüssige, in hellen kräftigen. Farben sich bewegende, welche
Dürer in seiner Jugend liebte. Immerhin beweist auch dieses Ge-
mälde, dass Dürer im Jahre 1504 einen Höhepunkt der Entwicke-
lung erreicht hatte und bildet einen würdigen Abschluss der ersten
Periode seines künstlerischen Wirkens.