Volltext: Verwaltungsbericht der Stadt Nürnberg für das Jahr 1910 (1910 (1911))

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Städtische Betriebe 
Noch bis zur Mitte des abgelaufenen Jahres erschien es ausgeschlossen, daß die Einnahmen 
in der veranschlagten Höhe erzielt würden. Erst als am 1. Juli an die Einführung einer höheren 
Reisegeschwindigkeit herangetreten wurde, nahmen die Einnahmen den erhofften Vorsprung. 
Die höhere Reisegeschwindigkeit ist keineswegs durch die Steigerung der absoluten Geschwindig— 
eit herbeigeführt worden, sondern lediglich durch Beseitigung unnützer Aufenthalte und Auf— 
hebung einiger bedeutungsloser Haltestellen. Während letztere Maßnahme kräftigen Einspruch 
der direkt Beteiligten hervorgerufen hat, begrüßte die Allgemeinheit die Erhöhung der Reise— 
geschwindigkeit als einen wesentlichen Fortschritt im Verkehrsleben. Es war möglich geworden, 
auf jeder Linie einen Wagen einzuziehen und mit den verbleibenden Wagen mehr Kilometer 
zurückzulegen wie zuvor. Ganz abgesehen davon, daß manche Fußgänger für die Straßen— 
»ahn gewonnen wurden und die Einnahmen eine wesentliche Steigerung erfuhren, wurden 
andererseits die Ausgaben erheblich vermindert. 
Mit Ausnahme von Linie 2 und 4 haben sämtliche Linien beträchtliche Mehreinnahmen zu 
bverzeichnen. Linie 2 ist um etwa 18 000 M hinter den Einnahmen des Vorjahres zurückgeblieben. 
Veranlassung hierzu gab die empfindliche Störung des Betriebes durch die Bauarbeiten im 
Marientunnel, ferner das Fehlen des Eislaufsportes auf dem Dutzendteich sowie die ungünstige 
Witterung im Sommer. Es waren zwar alle Vorbereitungen getroffen, um die Störung des 
Straßenbahnbetriebes im Marientunnel auf das mindeste zu beschränken, allein infolge der Aus— 
sperrung der Bauarbeiter blieben die Arbeiten 54 Tage halbfertig liegen. 
Der Rückgang der Einnahmen auf Linie 4 um 5 600 M ist eine Folge der neuangelegten 
Unterführungen unter dem Hauptbahnhof, wodurch den Bewohnern der südlichen Vorstädte 
kzürzere Wege zur Innenstadt erschlossen wurden, als die Linie 4 bietet. Diesem Übelstand 
'oll durch Umleitung der Linie 4 demnächst abgeholfen werden. 
Unter normalen Verhältnissen umfaäßte der tägliche Betrieb 100 (115) Triebwagen und 
54 (66) Beiwagen. Die im Verkehr gestandene Wagenzahl schwankte zwischen minimal 1585 
(1601 — 100 Triebwagen und 55 Beiwagen — und maximal 246 (249) — 140 Triebwagen 
und 106 Beiwagen —. 
An Sonderzügen wurden gestellt: zu den Siemens-Schuckert-Werken und der Maschinen— 
baugesellschaft Augsburg-Nürnberg 11 (10) Triebwagen und 21 (13) Beiwagen, zum Stadt— 
theater 5(65) Triebwagen und J1 (I) Beiwagen. 
Erstmals kam im abgelaufenen Fahr ein Sommer- und Sonntagsfahrplan zur Einführung. 
Der Betrieb begann morgens U, Stunde früher und endete abends , Stunde später. Diese 
Neuerung wurde beifällig aufgenommen und soll für die Folge weiter durchgebildet werden. 
Eine weitere Neuerung bildete die am 30. Mai erfolgte Einführung von Arbeiterfahr— 
karten. Anspruch auf Arbeiterkarten haben Arbeiter beiderlei Geschlechts mit handwerksmäßiger 
Berufstätigkeit sowie alle sonstigen Personen, deren Jahreseinkommen die Summe von 2 o00 
nicht erreicht. Die Versicherungspflicht nach 81 des Invalidenversicherungsgesetzes vom 13. Juli 
1899 muß gegeben sein und ist durch eine Bescheinigung des Arbeitgebers nachzuweisen. Personen, 
die im Interesse ihrer Dienstherrschaft die Straßenbahn benutzen, wie Boten, Dienstmädchen 
und dergl. sind vom Bezug der Arbeiterfahrkarten ausgeschlossen. Die Arbeiterfahrkarten 
sind Wochenstreckenkarten, welche an Sonntagen und gesetzlichen Feiertagen keine Gültigkeit 
haben. Der Preis beträgt 1,30 M für die Woche. Eine Begrenzung der gültigen Skrecken⸗ 
länge sowie der Zahl der Fahrten findet nicht statt. Wie vorauszusehen war, hat die Ver— 
ausgabung von billigen Arbeiterfahrkarten einen lebhaften Frühverkehr im Gefolge gehabt, 
zu dessen Bewältigung besondere Wagen eingestellt werden mußten. 
Die bereits für das Vorjahr in Aussicht genommene Erhöhung der Gebühren für Abonne— 
ments trat am 1. Januar 1911 in Wirksamkeit. Der Preis der Netzkarten einschließlich Steuer 
wurde von 10,20 M auf 12,90 hinaufgesetzt. Die Streckenkarten, die bisher ohne VRücksicht
	        
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